Zuletzt gekaufte und/ oder goutierend gehörte Singles/ EPs und sogar ein 2LP-Album für den DJ-Mix:
Danny C + Mike Pears - Dubwise EP
(DSCI4)
Was ist das denn jetzt eigentlich schon wieder für ein komischer kosmischer Zufall, dass es sich diesen Sommer so dermaßen komplett aufs Stichwort "Dub" zuspitzt? Abgezeichnet hatte sich das auf den Wegen, die ich in meinem nerdigen Musikfetischisten-Kosmos zuletzt so eingeschlagen hatte ja im Grunde genommen auch vergangenes Jahr schon und trat sich über die letzten Monate dann noch mal so richtig fest, aber dass es diese Saison dann jetzt kaum eine Jungle- / Drum'n'Bass EP ohne „Dubwise“-Motto im Sound und/ oder gar im Titel gibt, das wird mir dann jetzt fast schon selbst etwas unheimlich. Nicht, dass die Verlängerung der jamaikanischen Reggae-Kultur in britischer DnB-Musik was irgendwie neues oder seltenes wäre, ganz im Gegenteil natürlich, aber...
Bei dieser EP handelt es sich dann auch noch, wie im Umfeld von DJ Trace' Label DSCI4 nicht ganz unüblich, um vier zuvor unveröffentlichte Tracks aus dem Jahr 1997, die es dann jetzt erstmals in Tonträgerform gibt.
Den in der Natur der Sache „altbackenen“ und dabei doch schon irgendwie eher zeitlosen als allzu retrocoolen Charme solcher Sachen mag ich oft, und so auch hier: Die lange Eröffnungsnummer 'Blueprint' ist irgendwo zwischen dem dystopischen Neo-Noir-Vibe typischen Atmo-Techsteps inkl. Sax-Sample, mächtig schiebendem und drückenden Subbass und ‘nem leichten Electro-Vibe unterwegs, die folgenden drei Tracks greifen den Vibe ihrer Zeit weiter, überraschenderweise mit einem verhältnismäßig trocken-klarem Sound auf und gehen auf ihre Art mitunter ziemlich ab.
Immer wieder faszinierend, wenn solche wiedergefundenen Zeitkapseln geöffnet werden!
Hiss Is Bliss - Nope / Abbadia
(Zam Zam Sounds)
Im März schrieb ich noch, dass ich sehr große Sympathien für Label wie 45Seven oder eben ZamZam habe, die Dub-Traditionen im Siebenzoll-Format zu Sounds der Moderne überbrücken, auch wenn man schon 'ne Extraspur bekloppt sein muss, sich sowas dann auch noch in die Plattensammlung zu abonnieren. Und im April dann in Zusammenhang mit einer Hiss Is Bliss 10" auf 777Hz, dass ich, obwohl ich es eigentlich nicht sooo mit Four-to-the-Floor-Styles habe und das Fass "Dub-Techno" ganz bewusst in diesem Leben nicht auch noch aufmachen wollte, dann schlussendlich über den Umweg „richtiger“ Dub-Musik und ihrer Mutationen natürlich doch noch in einer Ecke landen musste, in der man sich "Honouring the Dub in Techno" auf die Fahne schreibt.
Und here we are now: Paar Wochen später kam dann auch schon 'ne Hiss Is Bliss Single auf ZamZam. Ist das hier jetzt meine schöne neue Welt? Scheint so.
Ich mag ja diesen Stepper-Rhythmus mit 4/4-Bassdrum und Snare auf 3 wie's bei "Abbadia" und "Nope" der Fall ist. Diese Kombination aus treibendem Pumpen und klatschendem Laid-Back-Akzent hat einfach was und bietet auch ein passend mehrdeutiges Rückgrat für die verhallten Dub-Techno-Sounds, die hier drumrum passieren. Wie ein wohlig-leichter Rauchkrautrausch in hochsommerlicher Abenddämmerung, entspannt am Rand der Strandbar-Tanzfläche. Klischees hoch zwölf, ja, aber.
Obendrauf kann man sich dann außerdem auch mal Hiss is Bliss' Mix bei der zweistündigen Zam Zam Show via RinseFM geben.
Mantra - Burn & Heal
(Ilian Tape)
Indi Khera alias Mantra aus dem Rupture-Umfeld ist als DJ und Szene-Macherin schon lange 'ne Marke, tritt allerdings gar nicht mal sooo regelmäßig mit eigenen Tonträgerveröffentlichungen in Erscheinung. Wenn aber doch mal, dann auch gleich richtig, sprich direkt auf coolen Labels und mit Musik, die eine eigene Perspektive auf britische Breakbeat-Clubsounds aufzeigt anstatt nur DnB nach Schema F abzuspulen.
Die vier Tracks von "Burn & Heal" z.B. sind auf dem Label der Münchner Zenker Brothers draußen und als zusammenhängende EP ein Ritt durch unerwartete Regionen, der zunächst ein eigenwilliges Grenzland zwischen Dubstep und anderen, auch mal im 4/4-Modus pochenden Clubmusik-Stilen beackert, bis der abschließende Titeltrack dann schlussendlich doch noch mit Breakbeat-Abfahrt im wilden Jungle landet.
Und eigentlich ist das ja nicht so wirklich durchgängig alle vier Tunes lang komplett mein Ding, aber das ist dann wiederum auch irgendwie doch das schöne daran, denn das eigene Ding ist immer auch die Komfortzone, die es mal zu verlassen und erweitern gilt.
Der rasant peitschende Schluss- und Titeltrack der EP ist dann allerdings auch schon mal eben direkt eine der geilsten Jungle-/ DnB-Nummern des Jahres!
Outrage - Behind The Eyes
(Function Records)
Ein wirklich sehr, sehr toller 2-Tracker auf Over/Shadow und eine digitale Function EP mit u.a. einer Trace-Kollaboration waren im Frühjahr sozusagen die Vorboten für das erste Solo-Langspielalbum in 2x12"-Form von Jungle-/ Drum'n'Bass-Urgestein Andrew Ferguson alias Outrage gewesen, so ca. 15 Jahre nach einer Kollaborations-3LP mit Function Records' Labelboss Digital himself, der hier auch bei zwei der elf Nummern mitwirkt.
Dazu direkt besonders erwähnenswert: Bei einer dieser beiden ist dann auch noch Amit der dritte im Bunde, von dem ich wirklich sehr, sehr großer Fan bin. Und so trägt 'Broadcast' mehr oder weniger auf der Albummitte auch ziemlich dessen stampfend fräsende Halftime-Handschrift mit (klar) Dub-Schlagseite der etwas deftigeren Natur, weswegen allein es sich schon lohnte, "Behind The Eyes" zuzulegen, denn das ist wirklich total „my jam“.
Darüber hinaus bietet das Album jede Menge eher old-schoolig tönende Breakbeat-Musik, die in Style und Sound auch von ca. Jahrtausendwende sein könnte und für mich in der Form wirklich immer geht, aber ich erspare es mir und Euch, hier jetzt noch mal im Detail auf weitere, einzelne Tracks mit ihren Rave-Schlagseiten und Dub-Vibes einzugehen oder sowas.
Etwas schade ist schon, dass Seite D der 2LP mit dem geschmackvollen Gesangsrefrain-Roller "All I Ever Want (ft. Ayah Marar)" endet und die Digitalversion des Albums noch mal drei coole Tunes folgen lässt, die jeweils Drumfunk-, Halftime- und Techstep-Ideen andeuten, aber nun ja.
Und Outrage's mal eben mehr als zweieinhalbstündige DJ-Session auf Youtube zum Album-Launch hatten wir ja hier schon.
Technical Itch - Plate 008
(Tech Itch Limited)
Nach 'nem halben Jahr digitaler Erhältlichkeit während der Vinyl-Vorbestellungsphase kam Tech Itch's neuste Pseudo-Dubplate dann jetzt auch mal physisch in ihrer "Limited Edition" 180g-12"-Form.
Und wie sollte es anders sein: Selbst der zum gröber-düsterharten Techstep-DnB neigende Mark Caro schießt mit der Ragga-Jungle-Schlagseite der A-Seite "Set it' zufälligerweise nicht gänzlich am Vibe der Stunde vorbei. Total geile Nummer, gehört für mich echt zu den Hits der Saison!
Die AA-Seite 'Intagen (Vinyl VIP)' wiederum ist verglichen mit der digital schon letztes Frühjahr rausgetanen Albumversion noch mal etwas mehr als 'ne Minute länger und typisches Tech Itch Düstergeschepper!
The Untouchables - Onward Forward
(Samurai Music)
Manchmal sind ja doch die Bands/ Künstler/ ProduzentInnen, die einen bei den ersten Begegnungen noch nicht so komplett umgehauen haben, weil man gerade eigentlich auf was anderes eingestellt war, dann wiederum interessanterweise doch schon mal die, die sich im Laufe der Zeit dann dennoch nachhaltiger als die besonders geschätzten festzusetzen wissen. So war's bei mir z.B. mit den Melvins, die eher in Schritten über Jahre zu einer meiner zeitweisen Lieblings-Bands wurden anstatt vom allerersten Moment an, und so war's auch mit dem belgischen Ehepaar The Untouchables, auch wenn es hier etwas schneller ging: Als ich diesen ganzen Halftime-Drum'n'Bass-Kram auf Samurai Music usw. für mich entdeckte, spielten die oft sehr minimalistisch tönenden Untouchables dabei zunächst nur eine Rolle in der zweiten Reihe, denn vordergründig schienen Andere, wie z.B. Homemade Weapons mit seinem völlig wilden Geflacker erstmal spektakulärer. Inzwischen bin ich allerdings doch großer Fan von ihrem Stil, der sich von verstärkten Reggae-Schlagseiten bei 7"-Releases auf Spezialisten-Labels wie 45Seven über Jungle-Music im Tribal-Groove bis zu manchmal auch schon sowas wie einer Variante angezerrt klopfenden Dubsteps erstreckt. Und dass ihre Musik dann auch noch durch Hardware-Jams entsteht ist eine Randnotiz, die's für Nerds wie mich zusätzlich noch sympathischer macht.
Bevor es demnächst dann auch mal wieder ein Langspielalbum via Samurai Music geben soll haben die beiden vier besonders dubbig ausgefallene Tracks auf diese Vorab-EP ausgelagert.
Hier gibt's also vor allem entspannte Reggae-Vibes mit Off-Beat-Motiven und atmosphärisches Gewaber im etwas eigenwilligen Soundlabor-Format. Das Junglisten-Rückgrat schimmert durch, drängt sich aber nicht vordergründig auf.
Da ich im Moment voll Bock auf sowas habe, kommt mir das entgegen, ich bin allerdings dennoch sehr gespannt, ob es auf dem kommenden Album der beiden dann doch auch mal wieder etwas kräftiger rummsen wird...
Veak - Journey
(Moonshine)
„Drum and Bass is my Heavy Metal” - die komplett irre Nummer "Milita" machte mich vor ein paar Monaten zum Instant-Fan des Franzosen Julien Petit alias Veak, der generell nicht wenige, eigentlich schon zu viele und manchmal schon selbstwiederholende, dennoch nicht selten gar nicht mal so uncoole Tunes völliger Jungle-/ Drum'n'Bass-Insanity ins Netz schießt. Ehrensache, dass sie dann auch im Regal landet, wenn er tatsächlich mal 'ne Veröffentlichung auf Vinyl draußen hat...
Die "Journey" EP kommt über das polnische Label Moonshine Recordings, und dass wir an dieser Stelle dann jetzt schon wieder beim Stichwort Dub sind, welches Moonshine's Kernkompetenz ist, das ist tatsächlich auch eher Zufall als Ausdruck einer jüngeren Obsession meinerseits oder sowas, denn ich hatte mir diesen Veak-Release vor allem geschossen, weil's tatsächlich sein erster physischer Release ist, und nicht irgendwie aus dem Grund, weil dieser gänzlich zur dubbigen Seite seines musikalischen Schaffens fällt. Ein paar seiner derberen Breakbeat-Smasher oder 'nen spaßigen Bootleg-Remix auf Platte zu haben wäre mir ehrlich gesagt sogar lieber gewesen, aber haben man kann bekanntlich auch nicht alles.
Hier gibt's also vier Tracks lang Dub-lastig steppende Bass-Music inkl. Trompeten-Tune zu hören, und das kann er genauso gut wie sein Häwiemä... äh, Drum and Bass.
Es sei dann abschließend auch noch drauf hingewiesen, dass es anlässlich seines Label-Einstands auch noch 'ne Stunde Dub-Musik-Mix von Veak beim "Mooncast" auf Soundcloud gibt.
(Alphacut Records)
Parallel zu einer Reissue-Pressung der 2021er "Darka Mentors" Compilation-EP ist das sympathische Label aus Leipzig auch noch mit einer neuen Veröffentlichung am Start, die einem inzwischen gewohnten Konzept folgt: Auch "Post Morphem" enthält jeweils einen Track von vier verschiedenen Protagonisten (natürlich auf 33) und obendrauf gibt's zwei Handvoll Locked-Groove-Loops (die man wiederum auf 45 spielen soll).
Das ist ja mal so richtig was für Spezialisten? Joah, und eben deswegen noch mal umso sympathischer.
Alle vier Tunes hier pochen mit Halftime-Groove.
Mit dabei ist der geschätzte Mainzer Dreadmaul, der mal wieder einen richtig geilen Stampfer mit Punch und Atmosphäre abgeliefert hat.
Der mexikanische Rainforest, der letztes Jahr noch 'ne Highlight-7" auf dem dubbigeren Alphacut Records-Tochterlabel 45Seven raushaute, tut's ihm mit einem dubbiger-atmosphärischen Stück gleich.
US-Junglist Rude Operator und Paradox Effects runden ab. Und besonders letzterer zieht dann auch noch mal die Roughness-Schraube etwas an.
I like a lot!
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