Editorial
„Ich beschäftige mich so viel mit Musik, dass ich keine Zeit habe welche zu hören“ sah ich einen, im Kopf etwas unaufgeräumten Hipsterclub-Anwärter mal in ein Internetforum schreiben.
Auch wenn das Ganze mutmaßlich eher als so ein, vielleicht durchaus von einem Quäntchen selbstironischer Einsicht aus aufgeploppter Wegwerfwitz gemeint war, der dabei aber eigentlich auf irgendwas anderes abzielen wollte, ist das bei mir tatsächlich als philosophisches Sentiment hängengeblieben, in dem ich mich irgendwie wiederfinde.
Einer der zusammengekommenen Gründe, warum ich das hier zwischendurch für ein Jahr habe pausieren lassen war in der Tat, dass ich keinen Sinn mehr darin sah, Hinweise auf potenziell interessante Musikneuerscheinungen ins Weltnetz zu beamen, deren Quantität meine eigenen Konsumkapazitäten weit übersteigt, auch wenn das grundsätzliche Interesse an Vielem vorhanden ist.
Und diese paradoxe Ambivalenz, dass wir einerseits einen Bedeutungsverlust von Musik als Kulturgut zu erleben scheinen, während dann eigentlich dennoch sehr, sehr viel veröffentlicht wird, und das in einigen Ecken inzwischen nicht mehr in physischen Tonträger-Formaten, an vielen anderen Stellen dann allerdings zu immer absurder werdenden Schallplatten-Bepreisungen, die macht mich alles irgendwie total fertig.
"I also realize, I think that people just want to turn the faucet on and have music come in. They're not really concerned about all the romantic shit I thought mattered."
(Trent Reznor, GQ)
Z.B. komme ich vor lauter auch schon nicht so richtig dazu kommen, diverse DJ-Streams mal laufen zu lassen ferner kaum noch dazu, mal an den eigenen Beatmatching- und Mixing-Skills zu arbeiten, und ich lande zwischen der Tür des Dayjobbüros und den Angeln von Sporthalle oder Bandprobebunker phasenweise eigentlich öfter bei irgendwelchen Gear-Tutorials auf Youtube, als ich dann selbst Zeit mit synthesizern und grooveboxen verbringen würde.
Wahrscheinlich bin ich aber auch einfach nur einer dieser Menschen, die irgendwie immer unglücklich sind. Denn zwischen tollgefundener Musik hören und dem Masochismus selber welche machen zu müssen hat man dann so oder so für alles davon viel zu wenig Zeit in diesem Leben der kapitalistischen Lohnsklavenschaft, was dann natürlich auch immer noch dieses berüchtigte Jammern auf hohem Niveau ist.
"My ambition is handicapped by my laziness"
(Bukowski)
Worauf ich jetzt eigentlich hinauswollte, das habe ich selbst schon wieder so halb vergessen, aber vielleicht wollte ich ja einfach mal für fünf Minuten so tun, als wenn ich sein halt auch nicht immer so einfach ist. Mein Musikinteresse hat jedenfalls Züge einer autistischen Zwangsneurose, dessen bin ich mir durchaus völlig bewusst.
Und auch noch eine interessante Beobachtung: Je älter ich selbst werde, desto mehr findet man auf meinem Patteneinkaufszettel dann eigentlich auch fast nur noch Altherrenkrach bzw. Musik mit starken Neunziger-Wurzeln... Aber eben auch nur fast nur noch und somit nicht nur.
Im Übrigen wäre unser Musikgeschmack in Tschetschenien wohl offiziell kriminell.
Im April erschien jedenfalls nicht einfach nur mal wieder jede Menge neue Musik, die mich interessierte, sondern eigentlich echt fast schon wieder viel zu viel.
Einiges davon habe ich direkt gekauft, anderes davon vielleicht nur „noch“ nicht, 1-2 weitere reingehörte Sachen davon werde ich zugegeben aber wohl vielleicht doch nicht so unbedingt noch physisch haben müssen, ich komme aber eben auch nicht so ganz aus meiner gewohnheitsmäßigen Musikrezensenten-Haut...
Aktuelle Alben, April 2024
ASC - Reflections
(Spatial)
ASC-Fan sein würde ja im Grunde genommen schon reichen, kaum noch andere Musik zu brauchen, denn die Veröffentlichungsfrequenz vom in San Diego, USA lebenden Briten James Clements kann einen, Pardon, bis zum Kotzen schwindlig machen.
Kein ganzes Jahr nach seinem unbegreiflich schnell ausverkaufenden und direkt in astronomische Raritätenpreise abdriftenden Album "The Depths Of Space" (Over/Shadow) kommt schon wieder das nächste übers eigene Sublabel Spatial raus, um das herum einem die weiteren EPs in der gleichen Paradedisziplin nur so um die Ohren fliegen.
Bei jener Paradedisziplin, auf die sich der ansonsten auch noch in Richtungen wie Ambient, Drone-Techno, IDM, Abstract-Electronica und sogar Neoklassik experimentierende Clements ganz besonders eigeschossen hat, handelt es sich um atmosphärische Jungle-/ Drum'n'Bass-Musik mit Neunziger-Nostalgie und zeitgemäßem Soundschliff.
Irgendwo habe ich den Internet-Kommentar aufgeschnappt, dass auch dieses Atmo-betonte DnB-Subgenre gerade (natürlich) so eine Art von Renaissance erleben soll, glaube aber, dass das nur Gelaber ist, weil derzeit mehr und mehr Leute über Baddadan'sche Umwege und "We need Jungle"-Memes wiederentdecken, dass derartiges eigentlich nie so ganz weg war und Kollegen wie der seit zweieinhalb Dekaden aktive ASC nicht müde werden, die Fahne dieser Tage aus ihrer eigenen Ecke heraus umso höher hochzuhalten.
Und sicherlich kann man hier auch diskutieren, wie gefährlich nah die Schwelle zur generischen Austauschbarkeit ist, wenn jemand in zwei, drei Jahren so um die 16 EPs und zwei Langspielalben raustut, die sich alle um sphärische Pads, wabernde Subs und typische Breaks drehen. Kann man, ja, muss man aber nicht, denn viele Punkrock-, Stonerblues-, Bollocore- oder Dräsch-/ Dessmeddl-Bands lassen diese Schwelle auch mit jedem weiteren Album immer weiter hinter sich...
"Reflections" ist zugegeben so ein bisschen sowas wie die Easy-Listening-Komfortzone von Drum'n'Bass, in einem komischen Freischwebezustand, der zwar nicht vordergründig poppig, aber eben auch nicht düsterhart, sondern irgendwie regelrecht wohlig tönt und dabei dann trotzdem auch etwas kantiger klopfende oder komplexer stolpernde Drums auffährt. In Albumform neigt ASC allerdings wohl dazu, das Ganze noch etwas mehr "mellow" anzugehen als bei seinen EPs, bei denen die Breakbeats auch schon mal den einen Ticken kräftiger kommen.
Einen Track von "Reflections" besonders hervorzuheben macht keinen Sinn, denn alle acht Nummern oszillieren und viben mit einer gewissen Positivität im Hier und Jetzt, anstatt völlig in den kalten, dunklen Weltraum abzurauschen.
Und da sind wir dann jetzt mal wieder an einer von diesen „Es gibt halt so Sonntage, an denen das hier die genau richtige Sonntagsmusik ist“-Stellen.
Kein Scheiß: Ich hätte das hier ja, so ganz allgemein wegen allem, eigentlich irgendwie gerne auf die „muss ich wohl nicht wirklich haben“-Seite geschoben, musste mir aber nach nur einem mehr oder weniger aufmerksamen Reinhören dann doch direkt eingestehen: Ich fühle das hier wirklich voll! Und auch dazu: Kein Scheiß!
Big|Brave - A Chaos Of Flowers
(Thrill Jockey)
Eigentlich habe ich schon bei den letzten beiden regulären Alben jeweils gesagt, dass Big|Brave ja echt mit jedem mal noch besser, spannender, erstaunlicher werden.
"A Chaos Of Flowers" ist da wirklich keine Ausnahme. Neu ist dabei allerdings, dass sie ihre Einflüsse aus Folk-Musik auf der einen, Drone-Doom- und Noise-Rock-Alarm auf der anderen Seite dann jetzt schon mal etwas anders portioniert zusammenführen, um ihre Statements von Außenseiterbefindlichkeiten in die Ewigkeit zu entlassen.
Das Album beginnt z.B. mit der Interpretation eines Emily Dickinson Gedichts, deren minimalistischer, gefühlvoller und doch auch angerauter Americana-meets-Drone-Vibe sowohl was von Earth, als auch von akustischen Neurosis-Soloprojekten hat, um in puncto Vergleichsreferenzen mal nicht zu weit abzuschweifen.
Und tatsächlich setzt das Stück auch den Kurs für das folgende Material, denn im Verlauf des Albums kommen die Folk-/ Country-/ Americana-Ingredienzien des Big|Brave-Stils noch viel deutlicher durch und man traut sich das Gefühl mehr in den Vordergrund zu stellen. Der Gesang ist noch harmonischer als früher und versteckt sich nicht so halb in eine krasse Krachwand eingebettet, stattdessen reitet er auf einer flirrend dröhnenden Gitarrenarbeit, die sich hier auch immer mehr mit Country- und Ambient-Ideen verwischt.
Manchmal schaltet man dabei auch schon mal ganze 1-2 Gänge zurück in wirklich ruhigere Herangehensweisen, gelegentlich ist man aber trotzdem ganz schön laut und unbequem.
So insgesamt ist "A Chaos Of Flowers" aber auf jeden Fall sehr viel flüssiger, dynamischer, facettenreicher, und ja, auch noch gefühlvoller, etwas weniger kantig ist als es vorangegangene Big|Brave-Alben waren.
Das Eingangsstatement, dass sie ja echt mit jedem mal noch besser, spannender, erstaunlicher werden, das trifft halt auch hier wieder zu. Ich kenne aktuell wirklich keine andere Band, deren neue Musik in mir solche „Aha!?-Effekte“ versursacht, wie Big|Brave es tun. Die sich wirklich mit jedem Album steigert. Und mit diesem dann auch noch eine wirklich spannende Kurskorrektur vorgenommen hat, weitere Wege abseits ihrer gewohnten Moves zu beschreiten und ihre Kunst zu verfeinern, ohne dabei, trotz aller Zunahme an harmonischem Fluss, an angerauten Eigenschaften eingebüßt zu haben.
Und das alles ist wirklich sehr, sehr viel wert. Ich würde sogar dermaßen weit gehen, dass Big|Brave eine Band sind, die regelrecht mein Interesse an harter Gitarrenmusik erhält, denn solche besonderen, andersartigen Bands wie Big|Brave sind ganz besonders wichtig, für die Musik und Kunst an sich und für die Herausforderung des persönlichen Horizontes. Ja, das war jetzt ganz schön hochtrabend, aber es ist halt einfach wahr.
Mit den Erwerb der physischen Platte warte ich allerdings wahrscheinlich erstmal bis zum in Kürze stattfindenden Konzert, in der Hoffnung, dass der Preis dabei dann nicht derart absurd ausfallen wird wir auf anderen Wegen. Dieser Tage ja leider schon ein Running Gag.
Bongripper - Empty
(Eigenvertrieb)
Dabeigewesene verstehen es, aber man muss halt wirklich dabeigewesen sein:
Roadburn 2012. Sonntags, Hauptbühne, 18:00 bis 19:00. Bongripper spielen das zu dem Zeitpunkt gerade mal ca. zwei Jahre alte Album "Satan Worshipping Doom" am Stück. Glasklar und wuchtigstens bebt, dröhnt und vibriert der Bombensound durch die Halle, das geile Albumartwork erstrahlt als riesige Backdrop-Projektion.
Wer vorher noch kein Fan war, ist es seitdem. Ich auch. So sehr, dass ich das Album sowohl in der ursprünglichen, als auch in der 2020er Remaster-Version auf Vinyl besitze, und das Roadburn-Livealbum kam dann auch noch obendrauf.
Für instrumentalen Sludge-Doom-Metal mit Viertelstünder-Songs, Massivmonolith-Sound, blackmetallischer Blastbeat-Passage usw. ist "Satan Worshipping Doom" fast schon sowas wie die heitere Pop-Variante von derartigem, und das meine ich jetzt kein bisschen negativ konnotiert, denn 'Hail', 'Satan' und 'Worship' sind Songs, die ich tatsächlich nach all den Jahren immer noch immer wieder mal für einen Schub gute Laune höre.
Und die Band im Herbst '22 dann doch mal wieder live gesehen zu haben war eines meiner wenigen, gern mitgenommenen Konzerthighlights an metallsicher Gitarrenkrachmusik in tendenziell jüngerer Vergangenheit, als ich so ganz allgemein wirklich nur noch sehr, sehr „Metal-müde“ war.
Die hardcoreig angehauchte "Sex Tape/ Snuff Film" 7" ist im Übrigen auch total geil, die Alben "Miserable" und "Terminal" konnten als die humorloseren Brocken an epischem Brachial-Doom dann aber, wenn man mal ganz ehrlich ist, irgendwie nicht so ganz das Niveau halten.
Warum ich dennoch mit sowas wie optimistischer Vorfreude an "Empty" ranging, das kann ich rational nicht so wirklich erklären. Irgendwie hatte ich einfach Bock drauf.
Und wisst Ihr was? Das Teil macht auch tatsächlich Spaß, auch wenn das nur bedingt ein passendes Urteil dafür ist.
Das Quartett zeigt hier zwar keinen Trick, den man nicht schon irgendwie kennen würde, aber vom massiv stampfenden "Nothing" über den gemächlich-atmosphärischen Aufbau von "Forever" bis aufs Finale vom abschließenden Titeltrack zu ist da mehr Melodie und auch Melancholie als sonst schon mal.
Wenn man möchte, kann man neben den Momenten von Black-Metal-Würze auch einen Hauch von Post-Punk in der Bongripper'schen Stilzusammensetzung des aktuellen Materials finden, auch ein paar kurze Momente von progressiver Verspieltheit in einigen gebrochenen Übergängen, aber das sind nur spitzfindige Randnotizen zum ansonsten üblichen.
"Empty" ist auf jeden Fall ein rundum gelungenes Album, das gibt's nix.
Sonstiges: Muss man darauf, dass die vier verschiedene Farbversionen exklusiv bei nur zwei mitteleuropäischen Mailordern (von denen mir einer dann auch noch unsympathisch ist) unfassbar schnell ausverkauft(t)en (bevor Burning World Records dann allerdings doch noch mal einen Nachschub an schwarzen Exemplaren bekamen und dann doch noch mal einen zweiten Schwung aller Varianten bekamen) eigentlich auch noch irgendwie eingehen?
Es ist sicherlich interessant, dass ausgerechnet die Band, die so halb ein regelrechter Konzept-Pisstake ist, sich derart Selbstläufer-mäßig als ziehendes Szene-Brand etabliert hat. Ich bin mir sicher, dass es auch daraus wahrscheinlich irgendeine KLF-mäßige Lektion zu lernen gibt, bin aber zu müde, da jetzt noch weiter drüber nachzudenken.
Muss man der Band allerdings „bei allem Erfolg“ auch lassen: Den blanken Download des Albums gibt's zu "name your price". Coole Geste!
Einstürzende Neubauten - Rampen (Apm: Alien Pop Music)
(Protomak)
Wenn ich jetzt mal ganz, ganz, ganz ehrlich bin, dann wollte ich das 2020er Neubauten-Album "Alles in allem" seinerzeit wohl unbedingt gut finden und tat es bei Erscheinen wohl auch irgendwie, bin rückblickend aber mit nicht nur einem langjährigen Fan aus meinem Bekanntenkreis der gleichen Meinung, dass es dann ja doch irgendwie eine der tendenziell eher verzichtbaren Angelegenheiten in ihrer Discographie darstellt.
Und bevor wir uns missverstehen: Ich bin wirklich keiner dieser Undergroundkrach-Besserwisser, nach deren Rechnung die Neubauten schon irgendwann jenseits der Mittachtziger keine Relevanz mehr gehabt hätten oder sowas. Ganz im Gegenteil finde ich auch einige Sachen auf "Silence is sexy", "Perpetuum Mobile" oder der Kommissionsarbeit "Lament" ziemlich gut, nicht zu vergessen ist der durchweg großartige Soundtrack zur Doku "Berlin Babylon" (für den es von einem Nixblicker des Visions Magazins seinerzeit sage und scheibe 4 von möglichen 12 Punkten gab) wahrscheinlich sogar eine meiner Lieblingsveröffentlichungen von ihnen. (Und dass im Rahmen der "Supporters Project"- und "Musterhaus"-Geschichten durchaus auch ein paar interessante Sachen passierten, das wird von so „Man braucht von Napalm Death eigentlich nur das erste Album und die Melvins sind schon lange peinlich, aber dafür habe ich jedes Merzbow-Allbum gehört und alles von den Flying Luttenbachers auf der Festplatte“-Schlaumeiern dann auch gerne mal übersehen.)
Bei einigen der Berlin-Nostalgie besingenden Schunkellieder von "Alles in allem" war ich dann aber doch irgendwie echt raus, auch wenn ich es wirklich versucht habe.
Versöhnt das weirder betitelte "Rampen (Apm: Alien Pop Music)" mit wieder etwas weirderer Musik?
Sagen wir's mal so: Natürlich findet man auf diesem Doppelalbum kein zweites "Haus der Lüge" oder "Headcleaner". Auch keine zweite "Sabrina". Auf der Haben-Seite hätten wir dann aber dennoch Material, das in der Neubauten-typischen Instrumentierung spannend pulsiert, und bei dem Motive Déjà-vu-mäßig in wiederholten Songvariationen wiederkehren. Und dass "Rampen (apm: alien pop music)" dabei so ein bisschen wie eine irgendwie lose und doch höchst kohärent wirkende Materialsammlung ist, das tut dem Ganzen in meinen Ohren tatsächlich ziemlich gut.
Obwohl die 2LP schon Anfang des Monats rauskam und dementsprechend bis eben öfter mal rotierte, zeigten sich bei mir bisher noch keine Abnutzungserscheinungen. Im Gegenteil ist der Bock, mich weiterhin auf die Gesamtheit dieser 15 Tracks einzulassen, derzeit noch unverändert hoch, und das ist ein gutes Zeichen.
Einer meiner Top-5-Favoriten in ihrer Diskographie oder ein Spitzenkandidat im etwaigen Battle um das Album des Jahres wird's wohl eher nicht werden, aber sowas ist bei einer Band, die nur noch so sechs Jahre davon entfernt ist ein halbes Jahrhundert zu bestehen, während andere der ganz besonderen Langzeit-Lieblingsbands rundum wohl Geschichte sind (Neurosis, Killing Joke), dann ja echt mal auch okay.
Blixa's Interviewgefasel über Selbst-/ Wieder- und allgemeine musikalische Neuerfindung muss man allerdings am besten so ein bisschen ausblenden. Sorry, aber isso, isso.
Eye - Dark Light
(New Heavy Sounds)
Jessica Ball ist auch die Sängerin der walisischen Psych-Sludge-Metaller MWWB (ehemals ausgeschrieben Mammoth Weed Wizard Bastard, welche ich trotz des hochalbern die Klischees überreizenden Namens gar nicht mal sooo verkehrt finde), die uns hier, unterstützt durch Drummer Gid Goundrey, Synth-Spieler Jonathan Brooks Jones und Produzent Chris Fielding (auch Ex-Basser von Conan) das Debütalbum ihrer seit einiger Zeit angekündigtem und inzwischen über die ursprüngliche Soloprojekt-Idee hinausgereiften Band Eye vorlegt.
Dass sich MWWB-Gitarrist Paul “Dave” Davies nach einem, mit einer Covid-Erkrankung in Zusammenhang stehendem Schlaganfall mühsam ins Leben zurück kämpfen musste gehört zu den Erfahrungen, von denen die Lieder auf "Dark Light" geprägt wurden.
Bei einigen lauteren Momenten bricht es schon mal durch, dass das Ganze immer noch mit einem Bein in Musikstilen wie Roadburn-kompatiblen Doomgaze wurzelt, Ball wagt sich dabei nun auch schon mal weiter raus in reduziertere Dark-Folk- und Dream-Pop-Regionen. Generelle Goth-Vibes hier, ein bisschen elektronische Experimentierfreude da, auch mal spärlich instrumentierter Indierock an der Grenze zum Country, vielleicht auch ein gelegentlicher Schulterblick zu Trip-Hop, das alles mit sehr viel Gefühl.
Wenn man zwischen dem ganzen Altherrenkrach mal 'ne „Nachwuchsband“ mit irgendwie vage zeitgeistiger, relativ Song-orientierter, dabei aber dennoch nicht wirklich anbiedernder Musik durchlassen möchte, dann ist Eye 'ne Kandidatin, die man mit diesem wirklich tollen Album auf der Rechnung haben sollte.
Ich find's jedenfalls tatsächlich ziemlich toll!
Und sicher dürft Ihr mich an dieser Stelle dann jetzt auch zurecht mal fragen, ob ich eigentlich noch gar nicht wirklich in die aktuelle von Chelsea Wolfe reingehört habe...
Harvestman - Triptych: Part One
(Neurot)
Interessante Ankündigung: Mit seinem instrumentalen Ambient-/ Drone-/ Krautrock- Projekt veröffentlicht Steve Von Till dieses Jahr mal eben eine Serie von drei Alben. Natürlich mit Mondphasen-bezogenem Eso-Konzept und all sowas.
Hier ist Teil 1.
Die erste Vorabhörprobe war direkt ein Song mit sowohl Neu!-Schlagseite als auch Dub-Neigung und passenderweise Al Cisneros (OM, Sleep) am Bass, von dem es auf der B-Seite dann auch noch eine gedubbte Version gibt. Was es so ähnlich auf jedem der drei Alben geben soll (also einen Song mit Cisneros am Bass plus eine Dub-Version davon).
Da ich nicht einfach nur Fan der jeweiligen Hauptbands von beiden bin, sondern sowohl Harvestman als auch Cisneros' Dub-Solosachen generell ganz geil finde, kommt hier vieles zusammen, auf das ich ziemlichen Bock habe, denn Musik irgendwo zwischen Tangerine Dream, Dub Syndicate und Earth ist ziemlich passend eine Art von Musik, wie sie Frühjahr '24 meinen aktuelleren Obsessionen und generellen Neigungen sehr entgegenkommt.
Und in der Frage. ob ich den Krautrock-/ Dub-Hybrid "Psilosynth" oder den "Psilosynth (Harvest Dub)" besser finde, bin ich komplett unentschlossen, beide Tracks sind einfach nur wunderbar.
Die weiteren fünf Stücke drumrum, die noch mehr in Drone-/ Ambient-Regionen abtauchen, Field-Recordings einweben, sich vielleicht auch schon mal am Rande von sowas wie dem abgelutschten Stilstichwort Postrock bewegen, sind es allerdings auch.
Jetzt schon einer meiner viel laufenden Jahrgangsfavoriten!
Freue mich auf die Teile 2 und 3, der nächste kommt im Juli..
Meat Beat Manifesto & Merzbow - Extinct
(Cold Spring)
Ist ja schon manchmal seltsam, auf was man dann doch auf einmal so Bock hat, nur weil's gerade neu da ist und einem zu dem Zeitpunkt vage in den Kram passt: Z.B. bin ich jetzt weder ein wirklich großer Merzbow-Follower, noch hätte das, mir natürlich ebenfalls seit Dekaden bekannte und auf einiges, das ich sehr schätze durchaus einflussreiche Meat Beat Manifesto in meiner persönlichen Musikrotation früher oder später, über ein paar Einzeltracks hinaus (husthust, Matrixsoundtrack, hust) jemals eine allzu nennenswerte Rolle gespielt, aber hier sind wir jetzt: Der Japanoise-Originator Masami Akita und das Electronica-Projekt von Jack Dangers haben 2024 ein Kollaborationsalbum draußen und ich war der Ansicht, das auf meinem Plattenspieler haben zu müssen.
Der Name Meat Beat Manifesto steht für frühe Industrial-Querverweise, die Wegbereitung britischer Breakbeat-Clubsounds und eine Haltung, inkl. gelegentliches Zeh in den Jazz tauchen immer eigensinnig weiter zu experimentieren. Und irgendwo dazwischen war man zeitweise auch mal sowas ähnliches wie 'ne elektronisch-psychedelische Rockband gewesen. Die Art von Band, die man dann irgendwann doch wieder seminostalgisch für ihr umfassendes Gesamtwerk und die Erinnerung an damalige Clubnächte schätzt, ohne wirklich jedes Album kennen und feiern zu müssen, genauso wie man dann in etwa auf einmal auch Future Sound of London, Underworld oder die Chemical Brothers für sich wiederentdeckt, weil die Zeit gerade dafür reif war.
Wirklich mit dem Mainstream geflirtet hat das Meat Beat Manifesto ja nie. Dass Dangers allerdings so weit geht, eben auch sowas wie diese Merzbow-Kollaboration mit zwei langen Tracks völligen Getöses raus zu tun, das geht dann eben auch doch noch mal diesen einen Schritt weiter, als es andere Musiker seiner Generation im Spätwerk dann noch mal tun.
Bei ''Flakka!" (20:27) und "Burner" (15:45) verwebt sich also Akita 's Harsh-Noise-Orkan mit rhythmischen Dekonstruktionen von Dangers.
Und wenn man möchte, dann kann man in dem Alarm wohl Andeutungen von IDM und Dub finden, so oder so rauscht das Ganze aber natürlich ziemlich in chaotischen Industrial-Lärm ab.
"Extinct" ist somit nicht die Art von Platte, die ihr auflegen möchtet, wenn das Zusammenleben mit der aktuellen Freundin, die Euren komischen Musikgeschmack sowieso schon als ständige Probe ihrer Toleranz empfindet, gerade eh auf der Kippe steht, oder wenn die Metallica-Fanboys Eurer Kumpels von früher vorbeikommen, die allerdings schon von ein paar Killing Joke Songs zu viel kriegen.
"Extinct" ist die Art von Platte, die wirklich nur Superbekloppte wie wir mal hören, wenn gerade wirklich gar nichts anderes mehr hilft, in dem Wissen, dass halt wirklich nur Superbekloppte wie wir sowas mal hören.
Melvins - Tarantula Heart
(Ipecac)
Kaum dachte ich, die Melvins würden jetzt mehr und mehr im Dad-Rock-Spätwerk und bei verzichtbarem Altmaterial-Recycling ankommen (das irgendwie unnötige Akustikvariationen-Monsterpaket und uralte Demo-Wiederveröffentlichungen plus Neuaufnahmenversionen stützten diesen Anschein...), während ich die anhaltende Politik der einen oder anderen, schnell ausverkaufenden Shoxop-Exklusivveröffentlichung für wahnsinnige Sammler zunehmend ärgerlicher fand (wie z.B. beim Throbbing Griste-Tributalbum, für dessen Luxuserwerb in LP-Form man dann einen Sonntagspätnachmittag hätte mit dem Finger am Internetabzug sitzen müssen), da kloppt die Band im 41sten Jahr ihres Bestehens als nächstes Album für die Allgemeinheit ein doch mal wieder etwas experimentelleres Teil mit Gästen raus:
Drummer Roy Mayorga, der Ende der 80er mit den Punks Nausea in Erscheinung trat und dann in so unterschiedlichen Bands wie Soulfly, Ministry, Stone Sour, den späteren Amebix und weiteren rumgereicht wurde, jammte mit Dale Crover Schlagzeug-Duette, welche dann wiederum von King Buzzo irgendwie zu weiterem verarbeitet wurden.
Zur Garnierung spielte dann auch noch Gary Chester (in den Neunzigern bei Ed Hall, heute mit WE Are The Asteroid unterwegs) ein paar zusätzliche Gitarrenparts obendrauf.
"Tarantula Heart" startet direkt mit einem Zwanzigminuten-Stück, welches erstmal eher ihre etwas zahmeren Rock-Anwandlungen der jüngeren Vergangenheit aufgreift, aber dann noch mit einem seltsamen Fadeout in einen weirderen Jam abdriftet.
Die B-Seite der LP beginnt dann mit einem kernigeren Sludge-Rocker im typischen Melvins-Groove und driftet dann auch schon ziemlich schräg abgehende Songs ab.
Okay, nein, sowas wie eine tootaal krasse Überraschung mit völlig unerwarteten Ab- und Ausschweifungen ist "Tarantula Heart" jetzt auch nicht wirklich, und aus der Doppelschlagzeug-Konfiguration holt man irgendwie auch mal wieder beileibe nicht so viel raus, wie man könnte. Sicherlich ist auch Osbourne's grundsätzliche Weigerung, sowas wie vorhersehbar-poppige Songstrukturen aufzurufen schon lange nur noch ein Routine-Modus, bei dem er dann seinerseits sehr typische Moves abspult.
"Tarantula Heart" ist dennoch der neuste aller Gründe, warum ich dann ja doch so'n bisschen Melvins-Fan bin und für immer bleibe. Denn man kann halt offensichtlich auch als alternde Band irgendwo zwischen ewiger Außenseiterkünstler-Aura und Patendasein für diverse Neunzigermusik-Havebeens immer noch interessant und so ein bisschen anders als alle anderen sein, und macht halt wirklich nicht 2-3 mal hintereinander das gleiche Album, sondern stolpert immer wieder zu anderen Seiten und Facetten weiter.
Einige Passagen erinnern mich gar ein bisschen an das, von einigen Fans (Hi Thorsten!) besonders geschätzte 2002er Album "Hostile Ambient Takeover", als sich die Band durch etwas verfahrene Übergangsphasen manövrierte und dabei immer wieder bei anderen, ganz eigenen Noiserock-Gangarten rauskam.
Dass Ipecac-Platten über die letzten Jahre leider auch immer teuer wurden und dabei inzwischen die absurde Marke überschreiten, bei Einzel-LPs so viel zu kosten wie vor ein paar Jahren so manche 2LP noch nicht, das ist dann allerdings leider ein ziemliches Ärgernis, aus dem es eigentlich Konsequenzen zu ziehen gilt.
Noch was? Honorable Mentions? Was denn noch? Ja, ganz schön viel...
Ich hab's heutzutage nicht mehr so wirklich viel bis eigentlich fast gar nicht mehr mit Death Metal, aber wegen ihrer anderen Seite, die bei den meisten Meddl--Bauern natürlich vor allem auf Ablehnung stößt, ist mir die Band halt echt sympathisch.
Eine Dekade später sind wir nun bei ihrem vierten Album "You Could Do It Tonight" angekommen, allerdings auch dabei, dass meine persönlichen musikalischen Hauptinteressen seitdem von der, ohne Frage in derartigem Krachgeballer mit Geschrei durchaus zu findenden Katharsis, irgendwie dahin weitergezogen sind, dass mir immer öfter auch mal nur nach Vibes ist, nach Rhythmus, nach Atmo, anstatt danach, mich anschreien zu lassen. Klischeespruch, ja, aber ist halt einfach so.
Werde ich mir wahrscheinlich noch zulegen!
Jaja, 'ne neue High in Fire ist auch draußen.
Den energisch-dreckigen, megafetten und auch etwas schrägen Sludge'n'Röll von Matt Pike finde ich zwar durchaus auch ganz spaßig, brauche das als Musik zum zu Hause hören aber irgendwie nicht wirklich mit jedem Album, und mit steigendem Alter halt auch immer weniger. Ich bin dann, müsste man sich für eine Post-Sleep-Partei entscheiden, wohl doch eher Team Cisneros, der ja diesen Monat auch Thema ist (s.o.).
Iggor Cavalera hat mit "Aural Manifestations" Synth-Drone-/ Noise-Experimente veröffentlicht, die man über irgendeinen Weg wohl auch als Tape bestellen kann.
Beim inzwischen acht Jahre alten "Asexual Anger" fand ich den, nun ja, Hipster-mäßigen Blackened-Sludge-Metal-Post-core oder wie auch immer man das nennen möchte, was die französischen Love Sex Machine nicht allzu weit von den Landsleuten Celeste entfernt fabrizieren, ja eigentlich ebenfalls ganz cool.
Mit "Trve" kam dann in diesem Leben doch noch mal ein Nachfolger via Pelagic raus, während - Ihr habt es erraten, denn es zieht sich Platensprung-mäßig wie ein roter Faden durch das hier - mir der Sinn halt gerade eher nicht so wirklich nach einem derartigen Getöse und Gebrüll steht. Reingehört habe ich allerdings mal und muss sagen: Die haben's schon noch drauf, denn dieser Groove dabei ist geil!
Müssen wir auch noch über Metz reden? Im Visions Magazin gab's für die Pop-Tendenzen ihres neuen Albums "Up On Gravity Hill" (SubPop) gar eine Album-des-Monats-Platzierung. Noiserock-Lovesongs? Ja puh.
Da könnten wir jetzt natürlich auch noch etwas ausführlicher was zu besprechen, aber das wäre in dem Fall dann ja irgendwie albern, oder? ;)
Wie man es richtig macht, sieht man dann allerdings an den nicht gerade weniger weit in den Mainstream neigenden Chase & Satus:
Musikalisch sind ja eigentlich nur so ein paar vereinzelte Tunes von denen wirklich was für mich, vieles ist mir persönlich viieel zu poppig, aber so ein paar unwidersprochene Hits gibt's dann ja doch (und ja, darunter gerade auch das zugegeben durchgedudelte "Baddadan", get over it, Ihr Elitistenmiesepeter...).
Während jedenfalls andere Typen ungeniert und gänzlich unbescheiden über ihre Großhallen-Tour mit Plastiksound-Kirmesmusik verkünden lassen, sie würden damit den Übersee siechenden Drum'n'Bass vor Ort retten (sic!), sieht man Chase & Satus wiederum Pizza essend eine Gratis-Party unter einer New Yorker U-Bahnbrücke schmeißen, just for the love of it.
Der "Bandcamp Friday" des Aprils brachte uns außerdem als erstes Geschenk zum 25jährigen Jubiläum von Ohm Resistance eine digitale Split-EP von Label-Chef Submerged und EndUser x Nowan.
Um EndUser war es die letzte Jahre ja ein bisschen ruhiger gewesen, von daher freut's mich immer, wenn man von dem auch mal wieder was hört, weil gerade die partiell Industrial-lehnenden Submerged und EndUser irgendwann mal eine nicht unbeträchtliche Wegweiser-Rolle dabei gespielt hatten, wie und warum meine Liebe zum Drum'n'Bass neu erblühte, ohne den ich inzwischen nicht mehr leben möchte (denn wenn mein Herz bei Jungle-Abstinenz die Kontraktion vergisst, dann weiß ich, ich bin ein Hardcore-Junglist).
Der Gesamt-Vibe der Split EP ist jedenfalls eher melancholisch, hat aber auch den aus diesem Umfeld erwarteten Industrial-Punch. I like!
Bevor demnächst irgendein anderes Kapitel geöffnet, irgendeine andere Marke gegründet wird oder was auch immer, präsentiert uns Homemade Weapons hier ein letztes mal unter eben diesem Banner einige Solo- und Kooperations-Tracks, außerdem welche von Kollegen wie Torana, Red Army, Artilect, RDG usw., 16 an der Zahl.
Geboten wird natürlich vor allem Musik in den Drum'n'Bass-Subnischen, die oft gleichermaßen minimalistisch inszeniert anmuten wie komplex daher getackert kommen. Düster-Drumfunk? Hart-Halfstep? Bass-Music mit Tribal-Industrial-Flair?
Was auch immer das hier teilweise so für einen sein mag, ich steh' drauf!
Ich hab's in jüngerer Vergangenheit schon öfter gesagt, aber ich finde das alles ja echt gar nicht so schlecht, komme da aber kaum noch mit.
Interessant ist ferner, dass es da tatsächlich einen Markt für etwas teurer als die regulären Platten kommende Special-Editions in anderen Farben und sowas zu geben scheint, während man (nicht nur) in den moderneren Subgenre-Ecken dieser Musikszene inzwischen immer mehr vom physischen Tonträger wegkommen ist. Wir leben halt echt in komplexen Zeiten...
Arcane - Minotaur EP
Nein, ich schieße mir nicht wirklich jede Veröffentlichung aus dem Hause Over/Shadow, aber genauso wie von Samurai Music (s.u.) zugegeben eben doch auch recht viele, denn hier bürgt der Name halt wirklich für höhere Qualität. Obendrauf sehen die Coversleeves mit kunstvollen Variationen des Labellogos als Frontmotiv dann auch noch immer wieder mal ganz geil aus.
Die vier Track der "Minotaur" EP bieten alles, aber auch wirklich alles, was man von einem 2024er Jungle/ DnB-Release zwischen gewisser old-schooliger Roots-Treue und zeitgemäßen Produktions-Skills haben möchte: Nicht ganz ohne Twists tweakt sich Arcane seine Breaksbeats auch schon mal so um die Ecke zurecht, dass man beim Tanzen fast ins Stolpern gerät, das Material ist teilweise etwas hartkantiger und doch auch mit catchy-souligen Elementen durchsetzt, und selbst wenn die Schlussnummer zunächst etwas gemäßigter wirkt, steckt dann eigentlich doch ganz schön viel drin (und der Blade-Runner'sche Ambient-Synth genauso wie Breaks mit Tempo).
Presha - Sacrifice: Rituals
(Samurai Music)
Müsste man nicht in einem abhaken, kann man aber mal eben:
Ich hab's schon öfter gesagt und sag's auch noch mal, dass Vollprofi Dom ein echt komischer Typ sein mag, aber ich bin großer Fan seines musikalischen Schaffens. Darunter nicht nur, aber (neben seinen Langspielalben) gerade auch von diversen Single-/ EP-Veröffentlichungen der jüngeren Vergangenheit. Denn irgendwie sind seine Sachen oft so ein bisschen anders als die aller anderen Drum'n'Bass-Produzenten und kommen mit einer ungewöhnlicheren Qualität an Klangsubstanz daher, obwohl er die Hälfte seiner Sounds einfach mal eben irgendwie vom Fernseher absamplet (kein Scheiß!).
Seine erste 12" für Samurai Music hat mit "Climax" und "Rebellion" zwei mehr oder weniger typische, geile Stücke zu bieten, von denen besonders "Climax" damit besticht, nach einem verträglicheren Anfang noch in derberes Gesäge überzugehen.
Der Homemade Weapons-Remix von "Temple" peitscht ebenfalls erwartungsgemäß geil, Forest Drive West drückt "Amaconda" in eine etwas Dark-Roller-mäßige Richtung, gekonnt den Sack zu macht Torn. Rundes Ding!
Vocal-Track auf der einen, Instrumental-Stepper auf der anderen Seite.
Wenn chillige Sonnenscheinmusik auch so ein bisschen nach wohliger Benebelung klingen darf.
Warum ich nach all den Jahren, die ich mich zeitweise auch mal verstärkt im (sowohl Hipster-/ Post- als auch Trve-)Black-Metal, Crust-Sludge-Geröchel, Grind-Geballer, Mathcore usw. gesuhlt und auf entsprechenden Events rumgetrieben habe, jetzt im Alter dann auf ein mal, über den Weg durch den früher schon gern besuchten Jungle mein Heil auch im Dreieck von Reggae, Deep-Dubstep und Ambient-Techno zu finden scheine, das raffe ich selbst dabei ganz ehrlich gesagt immer weniger. Vielleicht brauche ich Hilfe. Vielleicht liegt's auch doch alles irgendwie näher beieinander, als man denken möchte. Was auch immer. „Meine“ Musik in den Zwanzig-Zwanzigern ist ganz offensichtlich aber auch immer öfter mal sowas wie das hier. Wundert Euch also nicht, sollte es im Sommer noch mal dazu kommen, dass ich bei irgendeiner Nachmittagsveranstaltung hinterm DJ-Pult stehe, während derartiges aus den Biergartenboxen ertönt...
Die Art von auf den Punkt gebrachter und dabei doch wild um sich schlagender, in meiner Wahrnehmung zeitloser Drum'n'Bass-Musik, die jetzt zwar auch kein Hexenwerk ist, die man allerdings so auch erstmal hinkriegen muss, und die bei mir wirklich immer geht! Vor allem auch, wenn dabei so viel Gas gegeben wird, wie es hier der Fall ist.
Bockt!
Ein solche ist auch Mina Lord (natürlich) aus Berlin, bei der u.a. auch Einflüsse und Vorlieben aus klassischer Musik, Punk und Metal zusammen-, um dabei dann auch noch irgendwie in Industrial-/ Power-Electronics-/ Rhythmic-Noise-Regionen anzukommen.
(Ihr aktuelle CD auf dem polnischen Label Lethal Curse kokettiert auch sehr mit metallischer Düster-Ästhetik.)
Hier ist ein aktueller Mix von ihm anlässlich der neuen JK Flesh Remix 2LP via KR3 Records und last-ninute-mäßig obendrauf wurde dann auch noch mal eben ein weiterer via Hate Collective ins Monatsende geschoben:
Ein ganz guter Übergang vom Motto Dub zum eh nicht so weit entfernten Drum'n'Bass ist natürlich die "Bass Music" Show der belgischen Untouchables, die in der letzten Ausgabe den derzeit allgegenwärtigen Eusebeia mit seinem Atmo-Jungle dabei hatten:
Benny L's Foghorn-Hymne "Vanta Black" feiert dieser Tage in ihrer 10"-Fassung via Metalheadz tatsächlich bereits den Fünfjährigen.
Passender Anlass, sich mal ein aktuelles Set von ihm vor tendenziell etwas undankbarem Publikum zu geben:
Sehr cool!
Die sonst auch zu Jungle/ Drum'n'Bass-neigende dism4nic aus der Gegend hat jüngst vor allem auch das Electro-Genre für sich entdeckt, was Sie uns mit einem Mix für die Dortmund Dance Division demonstriert:
Und die Exile on Mainstream Sause im Mai fällt leider ebenfalls einer Abgabephase auf der Arbeit zum Opfer.
Jetzt auch noch mit sowas anzufangen, mäßig eingefangene Gear-Jams auf Youtube stellen zu müssen oder ähnliches, das spare ich mir und Euch allerdings dann wohl doch erstmal, wenn wer hätte denn schon die Zeit für auch noch sowas...
Und wenn sich irgendjemand das alles hier tatsächlich durchgelesen haben sollte, muss er/ sie mir jetzt noch "Peekaboo" in die Kommentare schreiben.
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