- [Someone at Roland]
Editorial:
Rein ins und wieder raus aus dem Sommerloch?
Na ja. Tatsächlich hatte ich hier, um mal ganz ehrlich zu sein, noch mitten im Sommer schon einen Einleitungsmonolog über wiederholte Selbstbeobachtungen bezüglich der Wechselwirkungen von Musikkonsum auf der einen, eigener Kreativität, musikalischer Aktivität und der ganzen zugehörigen Logistik drumrum, inkl.einer Bestandsaufnahme der Frustrationen, mit denen man als DIY-Hobbymusiker mitunter so konfrontiert ist auf der anderen Seite der Gleichung vorbereitet, dann aber in meinem neurodivergenten Hirn an irgendeinem Punkt irgendwie selbst nicht mehr so ganz gewusst, was genau es eigentlich ist, das ich damit nach außen kommunizieren wollte. Also habe ich es doch wieder verworfen (kommt vor), die Tagline oben ist dennoch geblieben.
Blogs sind ja bekanntermaßen nicht dazu da, gelesen zu werden, sondern erstmal dafür, geschrieben worden zu sein (und ich weiß leider nicht mehr, auf wen dieses sinngemäße Zitat zurückgeht) und dieses ganze Musiknerd-Ding ist eh nur noch ein einziger #FirstWorldProblems-Eskapismus, die uns alltäglich umgebende Ära der Dystopie mal irgendwie etwas ausgeblendet zu bekommen.
Und auch wenn's sich in den Sommer rein zunächst abzuzeichnen schien, dass die Neuzugänge im Plattenregal mal für 2-3 Monate quantitativ etwas moderater ausfallen könnten, wurde der dementsprechende Einkaufszettel dann natürlich mal wieder doch noch etwas länger, als eigentlich angepeilt. Trotz Vorsatz der Einschränkung. I just can't help it.
Langspielalben & EPs 2025 - Platten, Tapes, CDs - Teil 3
Adrian Sherwood – The Grand Designer
Adrian Sherwood – The Collapse Of Everything
(On-U Sound)
Okay, ich bringe ihn: Guter Jahrgang für das weniger gängige Format der 10"-Platte, und natürlich zieht sich das Stichwort Dub mit gelegentlichem Schulterblick zum Doom oder umgekehrt so'n bisschen dadurch, denn letztes Quartal gab's ja u.a. auch die Kollaboration von Doom-Titan und Dub-Partizipant Al Cisneros und dem Wovenhand-Typ, zwischendurch immer wieder mal coole 10"-Lathe-Cuts vom DnB-Label Offish Productions oder auch das mit einem epischen Dub-Remix-Dingsbums als Bonustrack kommende 10"+CD-Teil aus dORTmund.
Die limitierte "The Grand Designer" 10“ EP von Dub-Pionier Adrian Sherwood im Rahmen der "Disco Plate"-Serie seines eigenen Labels On-U Sound war eigentlich auch bereits im Juni erschienen, brauchte aber ein bisschen länger um bei mir anzukommen.
Sherwood schätzt man bekanntlich schon seit Dekaden als Produzent und/ oder Remixer von Industrial-Krachmachern wie den Neubauten oder Ministry bis in den Mainstream, und jüngst wird z.B. auch Steve Von Till nicht müde, seinen Einfluss zu betonen. Kann man zur Einleitung durchaus auch mal anführen, denn mit meiner Faszination für den spaceig-verhallten Klang früher Remix-Produktionstechniken und der dranhängenden Soundsystemkultur bin ich da halt nicht allein, sondern in wirklich bester Gesellschaft. (Allerdings kann man dann jetzt natürlich auch noch mal eben damit weitermachen, dass ich etwa so „kulturell appropriierte“ Dub-/ Reggae-Partys, bei denen mitteleuropäische Provinzweißbrote das Toasting jamaikanischer MCs etwas zu genau imitieren während das Plattenseiten umdrehen mit viel Echo überbrückt werden muss, dann irgendwie doch schon wieder so ein bisschen schwierig finde...)
Jedenfalls kam Sherwood nach diversen Kollaborationen im Laufe der Jahre jetzt erstmals seit dem 2012er Album "Survival & Resistance wieder mit richtigen Solo-Releases aus der Hüfte.
Und apropos Kollaboration enthält die "The Grand Designer" EP dabei unter den vier auf 45 RPM gequetschten Tracks im Übrigen auch noch mal einen mit dem 2021 verstorbenen Genre-Maskottchen Lee "Scratch" Perry am Mikrofon. Jene Nummer läuft dann auch wie eine Fortführung des eröffnenden Titeltracks rein, was ganz cool gemacht ist. Auf der B-Seite pumpt "Russian Oscillator" etwas weirder und "Cold War Skank" ist dann noch mal esoterischer Dub-Rock mit Slide-Gitarre, wie nur Sherwood ihn darf.
Wie das in solchen Ecken üblich ist, stellte sich die EP dann auch als Vorab-Auskopplung zu einem neuen Langspielalbum raus.
Der Titel "The Collapse Of Everything" ist dabei tatsächlich auch eine Momentaufnahme des kollektiven Gefühls aktuellen Armageddons, das wir alle im Moment fühlen.
Sherwood wurde zusätzlich durch den Verlust gleich zweier Freunse dazu inspiriert, beim Schreiben neuer Songs mit neuen Ideen zu experimentieren und eine Reihe alter Freunde wie Brian Eno, Doug Wimbish oder Gaudi dazu zu holen, und das Album enthält sogar Drum-Parts des verstorbenen Keith LeBlanc.
Natürlich ist Sherwood's Variante von Dub-wurzelnder Musik, mit der er hier mehr Richtung Live-Performance schielt als einfach nur Knöpfchendreher und Reglerschieber sein zu wollen, so ein bisschen sowas wie die sehr sauber und klar inszenierte, sich manchmal auch schon gefährlich dem Smooith-Jazz annähernde ('Body Roll'), weiße Progger-Version von Dub-Musik, aber wie gesagt: Der darf das. Denn auf der anderen Seite sind schwere Drum-Grooves und verhallte Sphären wie bei 'The Well Is Poisoned (Dub)' oder gemächliche Headnodder wie 'Hiroshima Dub Match' genau das, was man von solcher Musik will.
Und selbst Nummern wie 'The Great Rewilding', die - wollte man es jetzt unbedingt mit miesepetriger Tendenz formulieren - nach sowas wie dem Soundcheck zum Altherren-Jazz-Jam klingen, haben für sich was. Vor allem auch in dieser Klangklarheit, die Sherwood's viereinhalb Dekaden Erfahrung als Produzent widerspiegelt.
Weiter unten gibt's dann übrigens auch noch zwei Mixe dazu.
Cosey Fanni Tutti - 2t2
(Conspiracy International)
Ja, wie es sich für einen Weirdo-Musik-Nerd gehört habe ich natürlich einiges von Throbbing Gristle im Plattenregal, das ich zugegeben zwar selten, aber immerhin doch gelegentlich mal durchhöre und dabei sogar immer noch alle Jubeljahre etwas erweitere. Ich muss allerdings gestehen, in die inzwischen ebenfalls sehr umfangreiche Chris & Cosey- bzw. Carter Tutti- oder auch Carter Tutti Void- etc., sowie Solo-Discographie von Cosey Fanni Tutti - deren Autobiographie "Art Sex Music" ich letztens zufällig noch gelesen habe - bisher noch nie so wirklich eingetaucht zu sein. Wahrscheinlich werde ich das in diesem Leben auch nicht mehr tiefer, denn so viel Musik, so wenig Zeit, und so weiter und so weiter...
Ihr diesjähriges Album "2t2" kam jedenfalls irgendwie so auf mein Radar, dass es von dort dann allerdings doch mal auf die Liste der Dinge, auf die ich gerade Bock habe und somit über meinen virtuellen Platteneinkaufszettel bis aufs entsprechende Abspielgerät rutschte.
Das einleitende Bleep-Blop der Eröffnungsnummer "Curæ" täuscht kurz etwas an, das "2t2" dann im weiteren Verlauf glücklicherweise doch nicht ist, denn was es ist, das ist ein durchaus immer wieder mal schon regelrecht psychedelischer Trip durch elektronische Klangwelten mit hintergründigen Vocals, Blasinstrumenteinsätzen und partiell auch einem Hauch von Rock-Energie, der auf eine vage Art und Weise schon irgendwie fast catchy ist und nach hinten raus dann doch nochmal immer Ambient-esker wird.
Echt schönes Teil! Lief aus dem Sommer raus dann tatsächlich gar nicht mal so selten...
DJ Haram - Beside Myself
(Hyperdub)
Zugegeben: Es ist ein Reflex, mit dem ich dann meinetwegen gerne auch irgendwelche "Wokeness"-Vorwürfe reaktionärer Provinzplatzhirsche auf mich ziehe, die selbst mit ihrer seit Jahren nur noch an der Wand hängenden Gitarre nie viel gebacken gekriegt haben, aber immer wenn ich mitbekomme, dass sich zu sozialmedialen Hinweisen auf eine weibliche Künstlerin/ Musikproduzentin/ DJ Netzkommentare mit sexistischem bis misogynen Tenor ansammeln, löst das in mir sowas komisches aus, das dann erstrecht wegen der Qualität des Musikhandwerks gut finden und abfeiern zu wollen.
Für die auch schon so einige Jahre aktive DJ Haram spricht jedenfalls bereits einiges. Z.B. ging diesem Langspieldebüt übers durchaus für Qualität bekannte Hyperdub Label auch ein Album von 700 Bliss voraus, ihrem gemeinsamen Projekt mit der umtriebigen Moor Mother, und das avantgardistisch eingefärtbe Le Guess Who? Festival hofierte sie auch schon öfter. Generell scheint sich Hyperdub derweil ja noch ein bisschen mehr in Richtung von feministischer Punk-Attitüde mit auch mal etwas fordernden Tönen zu öffnen, denn in diesem Jahr erschien dort mit "hexed!" von Aya auch schon eine passagenweise anstrengende Achterbahnfahrt durch alles von Poesie im Drone-Wabern über industrielle Trap-Beats bis zu punkig-hartem Hyperpop.
Ein zeitgemäßer Crossover-Spirit, in dem auch DJ Haram sich breit macht, wenn auch insgesamt in nicht gaaanz so überdrehte Richtungen.
Die Präsentation des mit vielen Kollaborationen angereichertem "Beside Myself" lädt jedenfalls zugegeben fast dazu ein, sich drüber lustig zu machen, denn was ist das bitte für ein Albumcover, aber es geht wohl eben auch darum in aller Ambivalenz des Seins gesehen und gehört zu werden.
Die in New Jersey geborene Zubeyda Muzeyyen vereint mittelöstlich-musikalische Einflüsse ihrer familiären Wurzeln mit Hip-Hop, Bass-/ Club-Music, auch Noise und Drone, spielt am Rande sogar mit Rock-/ Metal-Sounds (bei "IDGAF" z.B. sägt auch eine Gitarre durch's Sounds'n'Samples-Wirrwar) und kreuzt Jungle-/ Breakcore-Regionen (letzteres z.B. bei der ziemlich geilen Kooperation mit El Kontessa aus Ägypten).
Ein Track wie "Voyeur" vereinet Orient und Industrial, den Bouncy-Kickdrum-Banger ("Do u Love me ft. Kayy Drizz") oder die 4/4-Nummer mit Soundtrack-Charakter ("Loneliness Epidemic") gibt's dann zwischendurch auch, "Badass" treibt die Kombination aus musikalischem Experiment und angeschlossener Botschaft auf die Spitze, und dazwischen gibt's dann noch Noise-Poesie und Rap-Einsätze.
Das alles fügt sich zu einer Gesamtcollage an Musik, die noch mehr in Richtung einer punkigen Performance im ranzigen DIY-Kunstkeller schielt anstatt dass vordergründig eine Dancefloor-Orientierung gesucht wurde, die persönlich und politisch, aber eben im Zweifel auch lieber mal abweisend als zu gefällig ist.
Ich prognostiziere hier jetzt mal ganz vermessen, dass man "Beside Myself" in den kommenden Jahresbilanzen vieler Kulturschlaumeier im Spagat von Pop, Punk, Club und Kunst, die damit irgendwie Peilung markieren wollen, weiter oben platziert vorfinden wird, was auch viel damit zu tun hat, dass Musik eben mehr als die Summe ihrer Einzelteile ist, auch von Kontext lebt usw.
Vielleicht hat es DJ Haram mit all ihren Gastmusiker*innen ja tatsächlich geschafft, hiermit die komplexen Ambivalenzen der heutigen Zeit in ein irgendwie Sinn machendes Gesamtstatement zu gießen. Ich konnte und kann mich dem jedenfalls auch nicht ganz entziehen, denn interessanter als das nichtssagende Rockmusikalbum der Woche ist das hier allemal...
Eusebeia - Undertones
(Samurai Music)
Seb Uncles alias Eusebeia
gehört ja zu den Leuten mit einem phasenweise so hochfrequenten Output, dass es
mich tatsächlich gewundert hat in einem Interview zu lesen, dass er das
tatsächlich alles nach wie vor neben einem wie genau auch immer
gearteten Dayjob macht. Wie? Erklär's uns bitte, wie?!?
Jedenfalls ist ein neuestes 3LP-Langspielalbum via Samurai Music was, das ich mir dann gerne auch noch mal neben "X" und "The Sun, The Moon + The Truth"
mit ins Plattenregal gequetscht habe, auch wenn ich aufgrund der
allgemeinen Fülle nicht mehr jede seiner EPs mitnehme, denn grundsätzlich mag ich seinen esoterischen
Atmo-Jungle-Stil mit introspektiven Synth-Sphären und peitschenden
160-BPM-Breakbeats.
Der Name Eusebeia steht dabei durchaus für einen
eigenen Sound und Stil mit Wiederkennungswert, eine Brücke zwischen
Ambient und Jungle wie sie so oder so ähnlich nicht viele Andere gehen.Als
wäre das alleine nicht schon viel wert, sucht er allerdings durchaus
auch weiterhin nach neuen Wegen.
Auf "Undertones" wabern einige Stücke, wie z.B. "Out In The Open", auch durch zurückhaltende Halftime-Regionen,
in denen er sich dann eigentlich schon in guter Nachbarschaft zu
Label-Kollegen wie Ancestral Voices befindet, das folgende "Lifting The Veil" ist gleich noch mal Ambient-esker. "Light Exposure" hat auf eine dezente Art was eigentlich schon hypnotisch-technoides. Turbulente Zeiten scheinen nach noch meditativeren Ansätzen zu fragen.
Auf der anderen Seite klopft "Root Out" dann allerdings auch fast schon so ein bisschen zu techsteppingen Regionen schielend daher, was ich von Eusebeia so bisher auch noch nicht kannte.
Unterm Strich ist "Undertones" kein Album, das man mit im DJ-Koffer hat, wenn der DnB-Rave eskalieren soll, sondern eher was für's Wohnzimmer, für den guten Kopfhörer, vielleicht auch für das entspannte Vorglühen oder das Afterhour-Runterkommen.
Grundsätzlich ist's auch echt interessant, wie sich Seb Uncles kreativ ausweitet, auch wenn ich da wie gesagt echt nicht mit jeder EP-Veröffentlichung
mitziehen kann (während ich das hier schreibe kommt schon wieder die nächste über ASC's Ambient-Jungle-Label Spacial) und grundsätzlich höre ich es wirklich sehr gerne mal, wenn ich gerade in der Stimmung für genau sowas bin (kommt vor).
Manslaughter 777 – God’s World
(Thrill Jockey)
Tatsächlich musste ich erst über den Umweg eines Tonträger-Mailorders auf das ganz aktuelle, zweite Album von Manslaughter 777 stoßen, um herauszufinden, dass dieses offensichtlich u.a. auch Dub- und Jungle-Einflüsse verarbeitende Nebenprojekt vom Drummer der Krach-Doom-Band The Body - von der tatsächlich auch schon so einige Platten besitze - auch noch ein Vorgängerwerk aus dem Jahr 2021 zu bieten hat, das ich bis gerade eben nicht kannte.
Ich sag’s ja immer wieder: Im heutigen Zeitalter des Infotainment-Overkills bekommt man eigentlich nicht mehr wirklich was essenzielles mit…
Da der gerne mal ein KLF-Shirt tragende Schlagzeuger und Soundtüftler Lee Buford jemand ist, der sich mit seiner Hauptband am spezielleren Außenseiter-Rand nischiger Metal-Musik bewegt (wo man sich auf jedweder Ebene gegen die reaktionären Strömungen der Szene stellt), hier allerdings auch Break/beat-lastige Musik abseits von Gitarrengedröhn fabriziert, möchte ich in ihm ja sowas wie einen Bruder im Geiste sehen, denn wenn ich nicht mit meiner "Metal, aber auch nicht wirklich"-Band im Proberaum am Schlagzeug sitze und schwitze, dann versuche ich mich auch schon mal im Heimstudio am Nachäffen Jamaico-britisch geprägter BummsTschackeDüsch-Musik.
„Gitarrenkrach-Typ entdeckt Electronica für sich“-Crossover können von außen jedenfalls sehr schwierig sein, aber hier passt einiges. Buford und sein Kollege Zac Jones (Nothing, Braveyoung), drehen hier roughe Tracks zusammen, die ihrer Interpretation von Dance-/ Club-/ Soundsystrem-Musik entsprechen. Sie versuchen dabei nicht so ganz direkt diese Einflüsse zu sehr zu imitieren, drücken in ihrer natürlich in Richtung von Industrial-Verzerrungen schielenden Interpretation aber auch nichts durch, was trotz nicht Zusammenpassens unbedingt trotzdem passend gemacht werden müsste oder ähnliches.
Ihre Herangehensweise, nicht zu viel auf einmal zu wollen, dabei dann aber halt eben alles ein bisschen lauter, auch bis auf Anschlag zu drehen, ist in diesem Fall die genau richtige.
Der B-Seiten-Opener "Silk Baricade" ist wahrscheinlich sogar meine Lieblingsnummer des Jahres, wie das Teil als halbe Coverversion mit allzu bekannten Samples zunächst als ragga-junglistischster Auswuchs des Albummaterials loslegt, dann aber einen krassen Tempo-Wechsel zu was heavy groovendem mit völlig überzogener Bass-Zerre hinlegt, was dann eigentlich schon wieder so ein bisschen in die Richtung von The Bug, Scorn und Dirty-Dubstep schielt. Nur halt mit der rough rockenden Energie von Doom-Punks dargeboten. Hammer!
Vielleicht nicht unbedingt das_Album-des-Jahres, aber doch sowas von "up my alley", dass ich es mit gewisser Instant-Begeisterung aufgenommen habe. Was heutzutage ja auch nicht mehr sehr oft vorkommt. Und im Übrigen auch das Album, bei dessen Lowend-Beben sich meine Nachbarin dann auch mal wieder zu genervtem anklingeln genötigt fühlte, so doof dieses Klischee jetzt auch 'rüberkommen mag, denn genau so war's...
Nine Inch Nails - Tron: Ares (Original Motion Picture Soundtrack)
(Interscope)
Man merkt ja, dass man alt wird ist, wenn man viel und immer wieder über die gleichen, alten, eigentlich irgendwie abgelutschten Sachen redet, denn das Thema NIИ hatten wir ja auch letztes Quartal noch. Und sicherlich ist es auch irgendwie so ein bisschen albern, schon vorfreudig einen Film-Soundtrack abzufeiern angefangen zu haben, bevor man wirklich mal mehr als nur ein paar Ausschnitte gehört hatte, während man auf den zugehörigen Film eigentlich gar nicht mal so wirklich Bock hat. Aber so war/ ist das hier tatsächlich.
Warum ich auf den Film eigentlich keinen Bock habe? Ich fand den seltsamerweise noch immer nicht „gecancelten“ Jared Leto schon lange vor irgendwelchen sich häufenden Andeutungen und #meetoo-mäßigen Anschuldigungen creepy und unsympathisch, seine Joker-Performance war die völlige Kotze im Quadrat und der an sich ganz gute Blade Runner 2049 wurde mir davon, wie er sich darin selbst spielt, dann ebenfalls fast etwas verleidet.
Natürlich kenne ich den ersten Tron Film aus den 80ern und habe dann irgendwann auch mal den späteren zweiten im Free-TV gesehen, der ja einen ebenfalls ganz coolen Soundrack von Daft Punk hatte. Natürlich weiß ich auch, dass Trent Reznor und Atticus Ross generell über die letzten Jahre sehr viele Film-Soundtracks gemacht haben, von denen ich zugegeben so 2/3 bisher auch nicht so wirklich gehört (oder die Filme gesehen) habe.
Aber es ist, wie es ist: Wenn die beiden dann doch mal wieder was "im NIИ-Mindset" machen und das entsprechende Etikett draufkleben, dann macht's das nochmal umso interessanter.
Und NIИ im Soundtrack-Modus finde ich dann obendrauf auch ansprechender als NIИ in einem "With Teeth"- oder "Hesitation Marks"-mäßigem Modus, denn zu meinen Lieblingsveröffentlichungen von NIИ gehören ja tatsächlich "Ghosts I–IV" und "The Fragile: Deviations 1".
Die Musik zu "Tron: Ares" hat jedenfalls alles von coolen Synth-Drone-Sphären bis zur Strophe-/Refrain-Industrial-Rock-Videosingle-Nummer, die genauso poppig ist wie dann dennoch etwas krachend anzieht.
Letzteres kann man an dieser Stelle so ein bisschen Selbstabziehbild-mäßig bis peinlich-generisch finden und ich kann irgendwie auch jeden verstehen, der's eher ablehnt, aber hey, irgendwie finde ich dennoch tatsächlich, dass eine so simpel mit einigen Trademark-Templates aus der Standardsong-Schablone geworfene Nummer immer noch besser ist vieles andere ist, was zuletzt so veröffentlicht wurde.
Auf weitere der 24 Tracks noch tiefer im einzelnen einzugehen möchte ich mir sparen, aber dass und wie Soundtrack-typisch Motive wiederkehren, wie Passagen was von Tangerine Dream haben und andere mit 'nem Schuss Noise begeistern, das sind alles so kleine Bonus-Points, die dieses in der Natur der Sache etwas glattgebügelte Vollprofi-Sounddesign auf Champions-League-Level im seinem Verlauf immer wieder mal von mir bekommt.
Klar, man kann sich hier auch mit auf die Seite der "Was ein $ellout-Scheiß, Seele an woke Disney verkauft, kommerziell-underwhelmende Unnötigkeit"-Nöler begeben, die einem auch 2025 noch erzählen wollen, dass die Neubauten nach "Kollaps" 1981 nichts weiteres brauchbares gemacht hätten oder sowas. Und okay, so richtig umhauen tut mich das hier, mit dieser Betonung der etwas grelleren Synth-Sounds jetzt zugegeben auch nicht, aber man muss es halt auch in der richtigen Perspektive des Kontext betrachten: Es ist ein Hollywood-Soundtrack von jemanden, der das Rockstar-Game schon Anfang der Neunziger inkl. Edgelord-Phasen ein mal durchgespielt hat und später Oscars, Golden Globes und Emmys für Soundtrack-Arbeiten absahnte. Dass so jemand immer noch da ist, nicht doof ist und immer wieder doch noch Musik mit einem gewissen Faktor an Eigenidentität fabriziert, die, wenn auch etwas abgeschliffen mit durchaus auch gewisser Kante nur durch seine eigenen Standardschablonen anstatt durch die aller Anderen passt, dann kann und möchte ich das würdigen.
Und falls das einer der entsprechenden Kandidaten tatsächlich lesen sollte, gibt's hier noch einen zum mitnehmen: Mitteltalentierte Semiprofimusiker, die NIИ als „prätenziöse Fickpisse” abtun, obwohl bzw. weil es bei ihnen selbst trotz aller schlauen Spruchzitate gerade mal für unbedarften Meat-and-Potatoe-Rotzrock oder speckschwartigen Ruhrpott-Rumpelmeddl aus der Normschablone reicht, oder Halbtags-Musikbiznutten, die bei ihren eigenen Bandmitwirkungen nie irgendwas nennenswertes geschissen gekriegt haben, aber aus voller Überzeugung aufs einzig wahre Gitarrenhandwerk pochen und sobald ein Synthesizer ertönt gleich weinend was von „Proletentechno” faseln, die können sich echt sowas von gehackt legen. Wegen Bauern wie Euch macht diese völlig gleichgeschaltet nach einem einzigen Bierfurz miefende Metal-Szene echt keinen Spaß, und ich gehe deswegen tatsächlich, selbst auf meine alten Tage so quartalsweise lieber gerne mal zu elektronischer Musik tanzen anstatt die Lebenszeitverschwendung zu wiederholen, mir beim mit Euch Möchtegernmusikpolizisten abhängen diese Ignoranz anzuhören, während irgend'n mäßig inspirierter Provinzrockstar in Fransenlederjacke auf der Bühne die Pommesgabel gibt oder sowas. Fuck you very much.
Ach
ja, PS: Können wir dann jetzt bitte auch noch den Reznor-/
Ross-Soundtrack zur 2019er Watchmen-Serie in 'ner hierzulande
erschwinglichen Reissue-Version oder sowas haben?
Ramleh - Hyper Vigilance
(Seeping Giant Glossolalia)
Die eher gelegentlich mal auf der Bildfläche auftauchenden anstatt dauerpräsenten
Ramleh - damals auch mal irgendwie ein Dunstkreis mit Coil, Skullflower, Sutcliffe Jügend und Whitehouse - sind ein faszinierendes Ding. Seit Anfang der 80er war man ja erstmal eigentlich vor allem so 'ne Art Power-Electronics-/ Industrial-Projekt, man kann aber auch sowas wie eine Psychedelic-/ Noiserock-Band sein, was man mit diesem Album, nach der coolen 2015er 2CD "Circular Time" und dem 2019er "The Great Unlearning", nun zum dritten mal in Folge neuzeitlich schwerpunktmäßig demonstriert.
Wobei die 2LP "Hyper Vigilance" durchaus mehr als nur das ist: Die C-Seite enthält die fast zwanzigminütige "New National Anthem", welcher im Verlauf das Kunststück gelingt, zwischendurch schon zu sowas wie angenehm klingendem Psych-Rock zu driften, drumum aber dann irgendwie doch bei sowas wie Industrial-Nosie zu landen.
"Nothing Here But Fire" oder "Frisson" sind sowas rumplig stampfende Noiserock-Songs mit roher Energie, während man "The Ingathering" schon als tendenziell poppigen Shoegaze bezeichnen könnte.
"Into the Termite Mound" wiederum geht dann eigentlich auch schon als Ambient durch und die Schlussnummer "Nityapralaya" ist ein wirklich herrliches Drone-Stück.
Die Breite des Albums hinterlässt einen genauso etwas irritiert wie die Tatsache, dass so einiges darauf dann ja doch verhältnismäßig zugänglich, ja, eigentlich schon sonor ist, während nur wenige Nummern einen irgendwie konfrontativeren Charakter mitbringen oder in die völlige Hypnose am Rand ritualistischer Klangkunst abdriften würden.
Allerdings ist wirklich alles, was das so gesehen inzwischen vielleicht schon etwas altersmilde Trio Stuart Dennison, Anthony Di Franco und Gary Mundy hier so macht, natürlich wirklich ziemlich gut!
Steve Von Till - Alone in a World of Wounds
(Neurot Recordings)
Im Erscheinungszeitraum kam zu viel weiteres raus, um sich das hier auch noch dazu zu schießen, aber da Steve Von Till und seine Begleitmusiker tatsächlich buchstäblich um die Ecke von mir live spielten, war es eine passende Gelegenheit sich auch mal wieder eine Platte so richtig old school von einem Konzert mit nach Hause zu nehmen, was heutzutage zugegeben eher seltener vorkommt.
Das Konzert war übrigens sehr gut und das Album ist es auch.
Dass und wie er den Dark-Folk-Barden nicht nur mit einer Gitarre gibt, sondern seine Reibeisenstimme aktuell auch über Cello, Synths, Piano und für Momente auch mal eine Rhythmusbegleitung thront, das funktioniert sehr gut, dennoch gießt Herr Von Till mit dieser Instrumentierungsbreite was ziemlich homogenes in Albumform.
Damit wäre dann eigentlich auch schon alles gesagt.
Submerged - Reparations Collected In Flesh
(Ohm Resistance)
"Ohm Resistance, whether we like it or not, is the house that Mick Harris built."
Keine Ahnung, was aus den ursprünglich mal angekündigten Plänen geworden ist, das Label dieses Jahr unter möglicherweise geändertem Namen zu etwas anderem als gewohnt zu transformieren, aber das Chaos des Lebens ging für Ohm Resistance-Betreiber Kurt Gluck alias Submerged wohl auch mal wieder so einige andere Wege als eigentlich geplant.
Neu angekündigt hat er nun allerdings verschiedene eigene Releases von Ambient bis Drum'n'Bass (und es gab außerdem auch schon den jährlichen Auftritt in Band-Formation).
Den Anfang davon macht diese EP, die es auch in Kleinstauflage (keine 50) als Tape gibt.
Auf "Reparations Collected In Flesh" gibt's dabei vor allem industrielle Midtempo-Groover zu hören, die eher was für den 3rd-Floor im semigeheimen Bunkerkeller einer Goth-Party als für die Drum'n'Bass-Bühne beim Rave-Festival sind oder eine Erwähnung im Jazz-affinen Musikmagazin wert wären. Aber auch das ist schwer okay!
Weiter unten gibt's noch 'nen "Mixtape" dazu...
(Northern Electronics)
Eineinhalb Jahre später ist Rita ohne viel Aufsehens mit ihrer nächsten CD über Northern Electronics am Start, allerdings unter neuem Alias Trailcam.
Geboten wird auf "Drumlin Loop" über gerade mal sechs Tracks Musik irgendwo zwischen Ambient, Dub, Downtempo-Electronica und auch mal rauschendem Dub-Techno, deren Soundpalette gar nicht mal sooo weit von "Gamma Tag" entfernt ist, sich allerdings luftiger und entspannter Zeit zum entfalten lässt.
Eine interessante Metamorphose, die eher Fragen offen lässt als wirklich beantwortet.
Gleich drei Mixe dazu gibt's übrigens auch noch weiter unten.
Noch was?
("Honorable Mentions", sonstiges auf dem Radar und so weiter...)
- Nicht lachen, aber sicher kann man auch mal erwähnen, dass "The Revenge of Alice Cooper" den Solo-Showmann Alice Cooper 52 Jahre später noch mal mit allen noch lebenden Mitgliedern seiner alten, in den Siebzigern mal als Gruppe unter diesem Namen firmierenden Band vereint. Irgendwie bin ich vom Hardrock-Entertainer seit der Häwiemeddl-Sozialisation meiner frühen Jugend ja immer so ein bisschen Fan geblieben, aktuell steht mir der Sinn allerdings so überhaupt gar nicht danach, das irgendwie genauer checken zu müssen.
- Arabrot finde ich generell super und werde mir das neue Album "Rite of Dionysus" daher auch bestimmt noch zulegen, allerdings schien man das Teil bisher erstmal mehr oder weniger nur direkt von der sympathisch-eigensinnigen Ehepaar-Band mit Style aus Norwegen bekommen zu können, weswegen es bei mir als gewohnheitsmäßigem Mailorder-Sammelbesteller erstmal durch's Raster fiel.
Dass sie den Titeltrack des Vorgängersalbums quasi nachliefern passt dann auch noch dazu, dass man auch Coverartwork-mäßig zwei mal hingucken muss, ob es sich nicht noch mal um den gleichen Release handelt...
- Ein neues Deadguy Album wäre da auch. Ohne Frage eine der wegweisenderen und garnicht mal so doofen Metalcore-Bands mit Grind-/ Math-/ Noiserock-Schlagseiten, als Metalcore noch lange nicht so ein Schimpfwort für völlig verdummtes Testosteron-Breakdowngeboller mit oder ohne Melodeath-Anleihen für nervende Moshpitwindmühlen-Sportler war. Bei mir ist's aber halt so, dass mir damals diesen ganzen Pressurefest-Bollocore-Zenit aus nächster Nähe mitkriegen für immer komplett alles verleidet hat, was an Bands wie Deadguy oder auch Botch eben doch ganz geil war und ich da auch nix neuzeitlich wieder aufleben lassen muss oder möchte...
- Waren Gain nicht ursprünglich mal ein instrumentales Projekt? Den umgekehrten Weg als damals Karma to Burn oder 35007 gehend fabrizieren die inzwischen mit Sänger zum Quintett erweiterten Engländer auf "High Peak, Low Life." jedenfalls nun Stoner-Rock/ Psychedelic-Doom, der immer wieder mal sehr nach amerikanischer Wüste im Sinne von Kyuss oder Acid King klingt. Im Laufe der sechs Tracks zunächst eher flott rockend, nach hintenraus dann aber auch immer schleppender groovend.
Tatsächlich finde ich es, wenn ich mal ganz ehrlich bin, ja schon etwas schade, dass sie jetzt diesen Weg zu einer eher generischeren Geschichte gehen mussten, aber sie haben das Glück, damit so weit hinter dem übersättigenden Stoner-/ Doom-/ Roadburn-Hype der Frühzehner mit derartigem aufzutauchen, dass sowas wohldosiert dann eigentlich doch schon wieder so für zwischendurch mal geht, anstatt noch in der "geht gerad' nicht mehr"-Phase zu stecken. Ihr versteht, was ich meine.
Den Mann an der Bassgitarre kennt man im Übrigen u.a. auch als Basslast-Elektroniker "Gore Tech". - Von der aktuellen CD der japanischen Doom-Band マグダラ呪念 wiederum kann man sich auf Bandcamp immerhin einen 07:07 langen Song anhören, und wisst Ihr was? Ich glaub' ich hätte dann ja langsam aber sicher doch Bock, mal wieder zum Roadburn Festival zu fahren...
- Während eine Repress des letztjährigen Ghost Dubs Albums via Pressure unterwegs sein soll, hat die The Bug vs Ghost Dubs Remix-LP "Imploded Versions" in 500er Auflage angeblich innerhalb von 24h ausverkauft, während das Originalversionen-Album dazu jetzt gerade auch noch kommt...
Krassofant. (Weil man wirklich schon lange nicht mehr "Krassofant" oder "Krasssomat" gesagt hat wollte ich wirklich mal wieder "Krassofant" sagen...) - Die Punk-Hip-Hopper Ho99o9 sind dann ja auch noch so ein Act, den ich jetzt schon so zehn Jahre auf dem Radar hätte und tendenziell gut finde, irgendwie habe ich es bisher aber dennoch geschafft, es bei dieser flüchtigen Bekanntschaft zu belassen.
Mal sehen, ob das neue Album "Tomorrow We Escape" da diese Saison nicht vielleicht doch noch mal was dran ändern kann, falls man irgendwie erschwinglich an die physische LP rankommen sollte…. - Patriarchy
wären dann noch so ein Bandprojekt, das mich erstmal ein bisschen ratlos bis hin- und hergerissen hinterließ, aber bevor das hier jetzt irgendwie komplett ausartet erwähnen wir nur mal kurz, dass der kitkatclubbige Vorabvideosingle-Banger "Boy on a Leash", Opener des aktuellen Albums "Manual For Dying", ja schon echt ganz geil ist und super mit NIИ in eine Playlist passt. Platte kommt allerdings auch hier ganz schön teuer.
- John Zorn and Dave Lombardo's "Memories, Dreams, and Reflections" (Tzadik) ist wohl genau das, was man erwarten durfte.
- Und wir müssen dann jetzt auch noch mal eben über aktuelle Tribut-Compilations reden.
Eben solchen widme ich heutzutage nicht viel Aufmerksamkeit, denn in der Natur der Sache hat man dabei eigentlich zwar durchaus meistens eine Handvoll guter Beiträge dabei, braucht sie in ihrer Gänze dann aber meistens doch nicht so wirklich.
Es gibt aktuell jedenfalls einen für The Jesus Lizard via Improved Sequence, auf dem u.a. Baratro, We Are The Asteroid, Skeleton Wrecks, Big'n, Faking, Moon Pussy, Trainer, The Tunnel und Unbite mit dabei sind.
Noch erwähnenswerter wären allerdings nicht nur ein, sondern gleich zwei Nine Inch Nails Tributsampler, die über Magnetic Eye Records kommen, und auf denen neben u.a. auch Author & Punisher, Grin, Marissa Nadler, Thou, The Ocean, John Cxnnor und "Pretty Hate Machine" Mitproduzent John Fryer auch Sandrider vertreten sind.
Und wenn es diese eine Band gegeben haben sollte, durch die ich Mitte der Zehner Jahre besser über die Runden gekommen bin, dann waren das ja ganz ohne Frage Sandrider.
Ihr selbstbetiteltes Debüt, als das Ganze noch so ein Nebending von Akimbo war, war schon super, und als sich Akimbo dann auflösten und Sandrider mit dem megageilen Zweitwerk "Godhead" zum Hauptband-Ding wurden und zwei Jahre später dann auch noch mal ein perfektes Janes Addiction-Cover obendrauf legten, da war das mit uns eine ganz große Liebe.
Jetzt haben sie dann außerdem auch noch mal eben NIИ's im Original schon krassen "March of the Pigs" peeerfekt in ihren ganz eigenen Sound und Stil assimiliert und rulen damit noch härter als erlaubt sein sollte, während visuelle Voïvod-, Electric Wizard- und Sleep-Referenzen im zugehörigen Low-Budget-Videoclip das Ganze zu „ich liebe Euch jetzt noch mehr“ abrunden.
Liebe, wirklich:
Club'n'Dub
Dark Soldier - Ghost / Dark Soldier VIP
(Dread Recordings)
Der gelegentliche, Altlasten wiederverwertende 12" Release von Jungle-OG Ray Keith - der von sich selbst sagt inzwischen ein "Legacy Act" zu sein - hat auch eine gewisse Tradition und wird von mir dann auch gerne mal mitgenommen.
Hier gibt's jetzt den Signture-Track seines Dark Soldier-Alias in einer Variation, die immer noch hörbar nah am alten Original tönt, während "Ghost", ein soundtechnisch etwas aufgeklartes Update einer ebenfalls schon älteren Nummer, mit seinen Soul-, House- und Dub-Vibes im, dann partiell doch auch etwas heavy abbiegendem DnB-Gewandt für mich eigentlich ein bisschen mehr nach Lichtgestalt Ray Keith als nach Dark Soldier klingt, aber hey. Ich bin Fan!
The KLF - What Time Is Love? (Rework)
(Rework)
Klar, man kann und muss an dieser Stelle den Witz bringen, ob die nicht nur metaphorisch sondern burchstäblich Geld verbrannt habenden Herren Drummond und Cauty irgendwie mal wieder ein bisschen mehr passives Einkommen brauchten, wenn sie einen dabei namenlos bleibenden Produzenten/ DJ/ Label-Betreiber (offenes Geheimnis: Erol Alkan) anschickten, ihnen einen neuen Remix ihres, in der Urfassung inzwischen mehr als dreieinhalb Dekaden alten Signature-Songs zu bauen, der dann auch als lediglich einseitige Platte unters Volk der Hobby-DJs alter Schule gebracht werden musste.
Und klar kann man mich dafür belächeln, dass ich es dann auch haben zu müssen meinte.
Aber ich bin einfach sehr großer Fan davon, wie The KLF damals mit viel Art-Punk-Attitüde und gewisser Pionierarbeit auf einigen Ebenen sowohl erfolgreich das Musikbiz-Game geknackt, als auch dann völlig gegen den Strich gebürstete Aktionen wie konfrontative Grindcore-Kollaborationen gebracht haben, ich feier' den in der Gesamtpräsentation komplett irren Dance-Rock-Crossover der "America"-Version auch heute noch als den Höhepunkt des längst vergangenen MTV-Zeitalters, den viele meiner Peers damals nicht so ganz raffen wollten, und eine meiner schon etwas mitgenommenen Second-Hand-Lieblingsplatten im DJ-Koffer mit den altbackeneren Jungle-/ Drum'n'Bass-Tunes ist nebenbei dann auch noch bemerkt übrigens im Grunde genommen ein Bootleg-Remix davon.
Der saturierte Nostalgiker in mir, der dann Geld für sowas ausgibt, hat es wirklich nicht geschafft dem Angebot dieser offiziellen "Rework"-Veröffentlichung zu widerstehen.
Mantra - Locked in, Locked on
(IlianTape)
Als ich mir in den Sommer rein nur 'ne Woche vorher oder so zwei Platten von Ilian Tape aus München geschossen hatte, da hatte ich die dann in Kürze kommende von Mantra noch nicht auf dem Schirm gehabt... Platten bestellen, immer wieder Platten bestellen...
Ich habe es jedenfalls schon mal gesagt und sage es noch mal: Wie Mantra mit den Genres Londoner Club-/ Soundsystem-Funktionsmusik auch schon mal abseits der gängigsten BPM-Korridore spielt, anstatt einfach nur generischste DJ-Tools abzuliefern, das finde ich ziemlich gut.
Das "Locked in, Locked on"-Material stammt aus der Phase, die neben dem letztjährigen IT-Release "Burn & Heal" auch ihre "Schemes and Dreams" EP auf System Music abwarf, als sie mit einem reduzierteren Sound ohne allzu klares Endziel experimentierte.
Das Ganze streift auch hier vor allem sehr dubbige Gefilde, auch dub-technoide Sounds, pluckert zwischendurch mit UKG-Vibe, kommt auch mal als Steppers-Stampfer (mit 4/4-Kick und Snare auf der 3) daher und kann sich am Ende bei "Big Munch" dann den junglistischen Breakbeat natürlich auch nicht verkneifen.
Passte mir als das partiell etwas fluffigere, am Grundgerüst aber eben doch auch gerne mal kräftigere Teil Jamaico-britischer Basslast-Clubmusik dann tatsächlich auch noch super mit in die dubbige Spätsommer-Playlist!
Torn -Taiga
(DNO)
Mit einer ganz eigenen, synthetisch-industriellen Soundästhetik hat sich Ivan Karasev alias Torn nicht nur über die letzten Jahre auch in den Nischen der Drum'n'Bass-Szene einen Namen gemacht, sondern er experimentiert auch mit Dark-Ambient-/ Drone-Klanglandschaften, Techno-Gangarten und im sog. Grey-Area-Bereich.
Damit passt er wohl auch relativ super mit ins Roster von DNO Records aus Brighton, welches zwischen Halftime-DnB, Dubstep, Techno, Industrial-Annäherungen und so weiter mehr oder weniger über die gleichen Tellerränder blickt.
Das interessante an den vier Tracks der "Taiga" EP ist dabei, dass diese alle im unteren Techno-BPM-Bereich, selbst unterhalb von Dubstep-Standardtempo (Halftime hin oder her) gehalten sind und somit von einer etwas anderen Seite eindringend etwas gemächlicher durch die Grenzregionen von Tribal-Halfstep-/ Breakbeat-/ Industrial-Techno-Musik surren, rauschen und tschackern.
Ich find's tatsächlich auch echt interessant und ziemlich gut!
Und wenn man von seinem Sound nicht genug bekommt, dann gfibt's gerade außerdem auch noch mit "Eigengrau" eine neue digitale EP auf seiner Bandcamp-Seite, die noch mehr in Richtung technoide Weirdness abrauscht...
Tom Rowlands - We Are Nothing / All Night
(Phantasy Sound)
Zu behaupten, ich wär' rieisger Fan der Chemical Brothers, das würde wohl nicht so wirklich der Wahrheit entsprechen, denn jenseits ihrer beiden essenziellen Spätneunziger-Alben mit den vielleicht zugegeben etwas abgedudelten aber immer noch geilen Smashern wie "Block Rockin' Beats", "Setting Sun" und natürlich "Hey Boy Hey Girl" hatte ich mir bisher dann ja ehrlich gesagt doch nie einen weiteren Tonträger von ihnen zugelegt. Aber genauso wie etwa Underworld, von denen in meinem Plattenregal bisher auch nur ein paar wenige Hitsong-EPs zusammenkamen, sind sie für mich so ein bisschen sowas wie ein Relikt von diesem "damals", das ich auch heute noch/ wieder "relevant" und abfeierungswürdig finden möchte, eine Brücke aus anderen Zeiten ins heute...
Der damals Langhaarige der beiden zeigte sich kürzlich nicht nur für den Soundtrack zur Sky-Serie "M - Son Of The Century" verantwortlich, sondern hat mehr als zehn Jahre nach seinem ersten 12"-Two-Tracker untern Solo-Klarnamen dann nun auch eine Nachfolgeveröffentlichung Start.
Auf jener bekommt man auf der einen Seite siebeneinhalb Minuten lang einen etwas schrägen Electro-/ House-Stampfer zwischen Acid-Bassline und funky Flöten-Sample vor den Latz, und auf der anderen ein kürzer gehaltenes, flottes Breakbeat-, eigentlich fast schon Drumfunk-Teil, das man mit seinen 170 BPM dann eigentlich auch schon als die etwas weirdere Auflockerung in Jungle-/ DnB-DJ-Sets mit einbauen kann.
So sieht hört man sich dann doch mal wieder, denn beides passte mir irgendwie in den Kram.
Es soll im Übrigen allerdings auch affine Leute geben, die's eher ziemlich schlecht finden.
Unkey - Visor
(Artikal Music UK)
Meine aktuell mal wieder größere Zuneigung zu dem, was ich manchmal auch scherzhaft als „Generic Dubstomp“ (egal ob "deep" oder "grimey") bezeichne, spülte mir die aktuelle EP von Unkey aus Birmingham auf den Einkaufszettel. Mir muss irgendwann noch mal jemand, der oder die wirklich Ahnung davon hat erklären, warum sowas wie der eine Hauptzweig des sowohl ursprünglich als auch weiterhin drumrum ja eigentlich gar nicht mal sooo eng eingefahrenem Dubstep-Genres jene Art von Dubstep wurde, die bei exakt 140 BPM im Halftempo mit bebendem Lowend durch die Dunkelheit groovet und einem machomäßigen Dickbeat-Habitus dabei schon mal gefährlich nahekommt, aber I can’t help it: Ich hör‘ sowas halt wirklich sehr gerne. Und let’s face it: Das man sowas mal bisschen auflegen und mixen kann ohne dabei viel pitchfaden zu müssen, das kann DJ-Noobs wie mir dann ja irgendwie auch sehr viel Spaß machen.
Der eröffnende Titeltrack ist hier dann obendrauf allerdings auch noch ein gutes Beispiel dafür, wie man im Dubstep in letzter Zeit noch ein bisschen mehr in die Richtung von gebrochenem Techno schielt (siehe auch Tectonic, Pingers etc.), denn der Rhythmus geht hier zwischendurch für einen kurzen Moment etwas unerwartetere Wege. Dann wird's um ein World-Music-Sample wieder minimalistischer mit trotzdem maximalem Bass-Impact, auf der B-Seite fräst und wabert es mit dezent aufblitzenden Jungle-Akzenten und auch der Rausschmeißer hat mit Subbass-Wucht, gezerrtem Mid-Bass-Riff und Drumbreak-Einwürfen jene Art von Feel, die respektvoll mit zwei Fingern von der Mütze einen Gruß in Richtung des älteren Cousins Drum'n'Bass andeutet.
Supercoole EP!
Jedenfalls ist’s wohl irgendwie nur logisch, dass wir nach einem Revival an Jungle-/ Dum’n’Bass-Popularität nun auch eine weitere Revisitation und langsame Weitermutation vom Thema Dubstep erleben.
Und dass sich dazu hiesige Dub-/ Reggae-Soundsystem-Crews tatsächlich öffnen, in ihren oft eher Hippie-mäßigen Vibe auch den Einzug der dunkleren und derberen Klänge aus eben solchen Ecken zuzulassen werte ich persönlich ja als Zeichen, dass eben auch nicht alles rundherum komplett beschissen und verloren ist, sondern uns einige Undergroundkultur-Entwicklungen eben doch auch wieder mehr zusammenbringen können. Aber das nur nebenbei.
v.a. - Tectonic Sound
(Tectonic Recordings)
Zum zwanzigjährigen Jubiläum von Pinch's Dubstep- und Techno-Label Tectonic gab's 'ne 24 Nummern starke Compilation, die man sich auch auf sechs Vinyl-EPs aufgeteilt zulegen kann. Ich habe davon abgesehen, mal eben ca. 'nen Hunni dafür raus zu tun, alle sechs haben zu müssen, denn irgendwo ist's trotz aller Zuneigung zu Clubmusik vor allem aus genau solchen Ecken Englands (die über die letzten Jahre meinerseits noch mal sehr, sehr viel größer geworden ist) und bei aller autistischen Neigung zu hyperfokussierten Spezialinteressen, die sowas wie einen komplettistischen Sammlerinstinkt wecken können, dann eigentlich auch mal gut...
Zugeschlagen habe ich dann schlussendlich allerdings dennoch direkt bei zunächst tatsächlich der Hälfte davon, und bin im weiteren Nachgang jetzt gerade sogar doch noch so weit, mir vielleicht eine vierte der sechs, weil zwei Nummern darauf eben doch zu geil sind, auch noch hinterherzuschießen. #FirstWorldProblems
Zu den Highlights gehört, was mich betrifft, jedenfalls vor allem die Platte #1, auf der wir neben Pinch's eigenem "Tectonic Sound" (etwas angekrümmter Dubstepper zwischen Atmo und Kante) dann auch noch Tunes von Bassmusic-Allrounderin re:ni (beginnt im Halftime und geht dann zum 4/4-Stepper über) und Soundsystemmusic-Marke V.I.V.E.K (weirderer Perkussiv-Dubber) serviert bekommen.
Die Platten #4 und #6 überzeugten mich dann ebenfalls als die dubsteppigsten der Reihe, mit Beiträgen von u.a. Kahn & Neek, Pinch & Neffa-T, Ipman, RSD und Coki, sowohl deepere Lurker als auch völlig kaputtes.
Wenn man sich dann ferner noch so durch alles weitere durchhört, wo dann auch noch so klangvolle Namen wie Om Unit, J.Sparrow, FJAAK und unbedingt erwähnenswert auch noch eine ziemlich irrer Banger von Cortical dazukommen, kommt man zu folgendem Schluss: 2025 steht Tectonic scheinbar dafür, alles etwas experimenteller wieder zusammenzuführen. Die tatsächlichen Dub-Fundamente, frühen 2step-Garage-Wurzeln und Ambient-Neigungen des Dubstep spielen ebenso eine Rolle wie industriell-technoid anmutender Lärm, der auch mal etwas weirder und abstrakter anstatt allzu gradlinig daherkommen darf, aber nicht muss.
Gefällt mir persönlich davon alles? Nö, aber es ist trotzdem interessant, was für Soundpaletten und Gangarten das Label, das ich nach wie vor ja eigentlich hauptsächlich mit sowas wie "The Talisman" assoziieren wollte, inzwischen auffährt.
Honorable Mentions:
Neue 12" EPs von...
- Dom & Roland ("Dedication" auf seinem eigenen Label Individual)...
- ...und dem belgischen Ehepaar The Untouchables ("The Hidden Files" via Samurai Music enthält vier VIPs bereits bekannter Tunes)...
...„erschienen erst knapp vor Redaktionsschluss“ (Zwinkersmiley)
der Quartalsbilanz und sollten keinesfalls durch's Raster fallen.
Denn
in beiden Fällen bin ich echt Fan, aber wir müssen hier jetzt auch
nicht jedes mal wieder die gleichen Loblieder abspulen.
Coki's 2x12" EP "Crystal Lake" enthält sechs Dubstepper von Mitte der Nuller Jahre, die erstmals überhaupt in Tonträgerform erhältlich sind.
DJ Crystl hat außerdem 'ne 12" EP über Function Records draußen, auf der ferner Outrage, Killjoy und Labelboss Digital mitwirken, was es zu einer schönen Gruppenarbeits-Werkschau macht, wie man die ältere Jungle-/ DnB-Schule so am Leben hält.
Außerdem wäre da dann auch noch 'ne neue Dub Across Borders 7" auf dem sympathischen Leipziger Spezialisten-Label 45Seven.
Dass das Kölner Duo Roklem & Sebalo mit "Paradox" eine ganz coole EP über Deep Medi Musik raushat, deren physischer Release hinterm digitalen etwas verspätet aufschlug, das unterschlagen wir keinesfalls!
Und weil ich bei Musikrichtungen, die etwas außerhalb meiner klarer eingezäunten Komfortzonen liegen gerne mal etwas verspätet dran bin, sollte an dieser Stelle ebenfalls nicht untergehen, dass Nadia Struiwigh, deren Schaffen ich auch schon eine Weile verfolge, im Frühjahr jeweils eine technoide 12" EP auf dem Londoner Label Blueprint Records und über die Essener Marke The Third Room rausgebracht hat.
various artists: "Ping Volume One" von der zwischendurch auch mal brachliegenden Londoner Plattform Different Circles der u.a. auch Tectonic-erprobten James "Logos" Parker und Jack "Mumdance" Adams wär' dann noch 'ne interessante 2LP-Compilation, auf der es eher um ein gewisses Feel als um einen bestimmten Stil in erwarteter BPM-Lage geht. Man findet darauf eher keinen generischen Grime/ Dubstep und keinen Standard-Techno mit 4/4-Dauergekloppe, kein' Jungle und kein Electro, aber irgendwie doch „pingende“ Sounds in all den Gangarten genau dazwischen.
Besonders erwähnenswert: Amit's "Dirt Doctor", der diese Compilation abschließt, ist mal wieder so ein brennendes Halftime-Drum'n'Bass-Teil mit Industrial-Dub-Flair, wie nur er es kann.
Digital im Weltnetz, Videosingles, Bandcamp only usw.
Es passt ja irgendwie wirklich zufällig ziemlich gut, dass wir in dieser Ausgabe auch schon Cosey Fanni Tutti und Ramleh hatten, denn hier bieten sich jetzt echt Floskeln und Plattitüden an, wie dass die gute alte britische Avant-Garde der Frühindustrialisierung nicht kaputtzukriegen und wichtiger denn je ist oder was auch immer.
Denn wir müssen hier dann jetzt auch mal über Test Dept reden.
Als Vorboten für sowohl kommende Reissues als auch neue Musik 2026 haben die Industrial-Urgesteine mit "Full Spectrum Dominance" (mit drei Versionen eines JD Twitch Remix) und "Information Scare" (in ebenfalls drei Versionen) gleich zwei neue digitale Singles/ EPs parallel draußen, während ein neues Video zum schon etwas älteren, noisig-wirren "(HeadFuck) – NOzone Mix” des im Original noch älteren “Faces of Freedom" dann auch noch mal ihre politische Einfärbung betont.
Nix für jeden, klar, und teilweise schätze ich die Band auch mehr für ihre Attitüde als für ihre Musik - was allerdings ihre Musik betrifft, so kriegt man mich mit Percussion-lastigen Live-Performances und sowas aber eigentlich auch immer.
Jedenfalls ist’s in Zeiten, in denen sich große Teile der düsteren und/ oder vermeintlich lauten Underground-Musik(sub)szenen nur noch auf Arten und Weisen um sich selbst drehen, die keine wirkliche Aussagekraft und keinen Hauch von Abenteuerlust ausstrahlen, während die Welt drumrum völlig kaputtgeht, umso wichtiger und interessanter, auch mal wieder mehr denen zuzuhören, die eben doch noch was zu sagen haben und das nicht nur mit einem an die konformistischsten Rockmusikklischees angekuschelten Stil tun.
„The Holy Mountain Orchestra is Al Cisneros (bass, Moog), Robert Aiki Aubrey Lowe (vocals, Mellotron), Ben Chasny (guitar) and Matthew Tobias (drums, percussion). They play in honor of the late John Whitson, who founded and operated one of the world's greatest independently-run record labels. Their single, "Song for JW" is out now.“
Keine Ahnung, ob dies zum Tribut an den Verblichenen und sein Label Holy Mountain Records eine One-off-Geschichte oder der Vorbote von noch mehr ist.
Jep, man kann glaube ich schon sagen, dass Drum'n'Bass in den letzten Jahren noch mal wieder ein Stück weiter ein bisschen mehr sexy geworden ist, und natürlich nie wirklich weg war, um auch weiterhin zu bleiben. Von irgendwelchen DIY-AZ-Events mit Spaß an Soundsystemkultur, die sich nach wie vor moderat zu häufen anstatt wieder abzuflauen scheinen, bis zu erneutem Vordringen in Mainstream-Regionen hat das vermeintliche Revival von Jungle bis anderweitiger Bass-Music seine Spuren hinterlassen, aber eben als natürliche Entwicklung auch nicht unbedingt penetrant-aufdringlich, wie es früher bei Musikindustrie-gelenkten Hypes gewesen wäre.
Let's keep it that way!
Auch Moby hat seine Liebe zu solchen Gangarten wiederentdeckt.
Kudos außerdem wegen D.R.I. Shirt - meines mit Tourdaten hitendrauf, welches ich einst vom Konzert im nicht lange danach abgebrannten Bochumer Zwischenfall mitnahm, hat leider auch schon bessere Zeiten gesehen...
Dass sein poppiger DnB-Song mit Goddard ft. Lovelle gerade mal 2:22 Minuten geht, das sind dann wohl einfach die Zeichen dieser Tiktok-ADHS- und Spotify-Smartphone-Zombie-Zeit.
Aber kurze Popsongs mit DnB-Power gehen irgendwie auch immer.
Apropos Jungle mit poppiger Schlagseite und dessen neuerlichen Einzug in den UK-Mainstream, den man hierzulande nahezu übersehen kann, gibt’s auch mal wieder eine neue Videosingle von Nia Archives, wohl wirklich sowas wie ein britischer Shootingstar, und Clipz.
Dass man die Nummer, wenn man möchte, sogar inkl. Vinyl-only B-Seitenversion auf zwölf Zoll haben kann wird dabei fast schon zur Randnotiz, aber dass Archives wohl irgendwie tatsächlich sowas wie das handwerklich hochtalentierte Bindeglied zwischen respektvollem Einfluss aus der alten Schule und der jungen Spotify-/ Tiktok-Generation ist, eben das macht sie wohl wahrscheinlich so bestechend…
4am Kru - Mr. Wolf
4am Kru & Emiko - Old School Lovin' Remix
(Embrace The Real Records)
„Auf der Insel“, wie es einige ausdrücken, ist der Old-School-Jungle-/ Breakbeat-Rave-Act 4am Kru, welcher sowas Live-Performances darbietet anstatt DJ-Sets aufzulegen, ja auch schon an der Schwelle zum Stardom auf den größeren Festival-Bühnen zu sehen, hierzulande sind bisher aber wohl nur ein paar DJs mit langjähriger Liebe zu derartigen Sounds drauf aufgesprungen.
Was 4am Kru auf ihrem letztjährigen Album "Incognito Rhythm" richtig gut hinbekommen haben, das ist etwas eher altbackenes zu nehmen und dem mit zeitgemäßen Produktionsmöglichkeiten eine derartige - Vorsicht, musikjournalistischer Floskelbegriff - Frischzellenkur zu verpassen, dass es nicht einfach nur funktioniert, sondern eigentlich auch besser als zu den Originalzeiten von derartigem klingt. Fan war ich ja schon seit "Earshots", wurde es dann aber noch mal umso mehr.
Ihr Remix von Emiko's "Old School Lovin'" und die bisher ebenfalls nur digitale Single "Mr. Wolf" betonen vor allem auch soulfulle Seiten, wozu man dann schon mal mit ein paar „One Love“s um sich werfen kann.
Amit - Man Made Hell
(Amar)
Zugegeben, mit der Metalheadz-Videonummer "Killer Driller" damals oder dem 2023er "Flow off" hat Amit den Halftime-Drum'n'Bass-Groover mit so 'ner Art von Industrial-Dub-Hop-Charakter schon ein paar mal in viel geiler gemacht als bei seiner neusten Digitalsingle "Man Made Hell", aber hey - ich bin halt echt Fan, ich mag seinen Kram grundsätzlich sehr und ich freue mich immer, wenn er dann doch mal wieder was von sich hören lässt, was dieser Tage ja etwas seltener geworden ist.
Alley Cat & NCRTYP - All Hallows
(Ortem)
DnB-DJ, Dubstep-Produzentin und Labelbetreiberin Alley Cat neigte bei ihrem eigenen Kram zuletzt sehr zu sowas wie Atmo-Dubstep mit Dark-Wave-Sensibilitäten, was in den vier Tracks dieser Kollaborations-EP mit NCRTYP eine Fortsetzung findet.
Sollte sich "Goth'n'Bass" noch zu einem eingetragenen Subgenre etablieren bin ich da voll dabei, Zwinkersmiley.
Fanu - Space Donut
Nach Veröffentlichung des Albums "Ether" samt Vinyl-EP-Auskopplung im Mai hatte der finnische Musik- und Mixing-/ Mastering-Vollprofi Fanu ja kurz laut überlegt, mit dem Thema Jungle/ Drum'n'Bass vielleicht erstmal für eine Weile durch zu sein, aber dieser Zustand hielt dann wohl doch nicht allzu lange an.
„This is for those who grew up with game consoles, fast-moving arcade games, rave music, demoscene tunes, and breakbeats. Inspired by the classic Wipeout 2097 video game soundtrack.“
Auf der Bandcamp-Seite gibt's außerdem eine kleine Animation dazu obendrauf.
High Contrast & Joe Blow - Just 4 U Cardiff
„We recently lost a a legend of the Welsh music scene - an MC, DJ, promoter, junglist, hiphop head and friend - Rob Picton aka Joe Blow.
He encouraged me very early on in my mission to make DnB and back in 2000 we tried to make a track together with Rob on the mic. We wanted to make a nod to a classic oldskool rave tune called Just For You London and flipping it to be ‘JUST 4 U CARDIFF’.
We tried to create a dark epic track but sadly my studio skills back then weren’t up to it and the track never got finished. After his untimely passing I searched for the lost hard drive that had the project files on it and managed to find his vocal recording, the reese bassline and a few other sounds from 25 years ago.
I’ve now finished the track and hopefully done justice to how he would have wanted it to sound.
All money that it generates will be donated to Rob’s family.
RIP Joe Blow.“
Overmono & High Contrast - If We Ever (Extended)
(XL Recordings)
Man ist kein Jungle-/ Drum'n'Bass-Freund, wenn man diese Nummer nicht kennt, und man ist innerlich tot, wenn sie gar nichts mit einem macht.
Leider wieder mal nur digital anstatt auch für die letzten Vinyl-DJs gibt's zur beliebten Unglued-Version obendrauf nun auch eine aktuelle Overmono-Überarbeitung des High Contrast Überklassikers "If We Ever" via XL Recordings, die auch mal wieder keiner weiteren Worte mehr bedürfen sondern einfach nur genossen werden sollte...
Homemade Weapons - Kickback
(Weaponist)
Habe ich das eigentlich geträumt, oder hatten Samurai Music nicht schon vor einiger Zeit mal angekündigt, dass ein neues Album von Homemade Weapons aus Seattle unterwegs sein soll?
Sein altes eigenes, auch Platten unters Volk bringende Label Weaponry hat er jedenfalls leider komplett eingestampft (Roho's "Lost Relicts" ist ja übrigens nach wie vor total mein Vibe...), um mit der neuen Plattform Weaponist nun auch erstmal digital zu bleiben.
Über diese kommt die neue "Kickback" EP, die seinen DnB-Style mit dunkelkühlem Industrial-Charakter und etwas komplexer verzwirbeltenen Breakbeat-Arrangements weiter pusht, darunter Kooperationen mit Todd Buchler und Rainforest.
Ich bin ja echt ein bisschen Fan, weswegen ich das Langspielalbum auf Platte/n, wo das letzte doch schon wieder sechs Jahre her ist, dann jetzt allerdings langsam auch mal wieder nehmen würde...
Various Artists 001 by Distorted Wave☡
(Distorted Wave☡)
Synthesizer-/ Groovebox-Liferin Nadia Struiwigh ist eher schon so eine Art Social-Media-Persönlichkeit und neuerdings auch Mode-Botschafterin, anstatt „nur“ eine Musikproduzentin/ Performerin/ DJ und auch Tutorin, und das meine ich jetzt wirklich nicht als Feststellung mit irgendwie negativem Beiklang.
Nadja teilt ihr Leben mit dem Rest der Welt, während sie Ambient-Alben veröffentlicht, in renomierten Techno-Kontexten auflegt oder bei nerdigen Musikgear-Messen auftritt und sich - Fünfer ins Phrasenschwein der schlimmen Floskeln - dabei nicht so ganz in eine Schublade festnageln lässt.
Auf ihrem eigenen Label Distorted Wave☡ kuratierte sie nun eine Compilation, auf der alle Künstler:innen als Ausgangspunkt ein Sample-Pack von ihr bekamen.
Darunter u.a. auch der auf diesen Seiten besonders geschätzte und dieses Quartal mal wieder mehrfach auftauchende Homemade Weapons.
v.a. - Femme Frequencies Volume.1
(Hangry Records)
Diesen aktuellen 4-Tracker, „celebrating the absolute badgyals killing it in the scene“ mit Smashern von Mizeyesis, Kharis, IS:SUE und sc:ssors nehmen wir uns dann noch zum Anlass, auf die Londoner Non-Profit-Organisation Hangry Records hinzuweisen, die sämtliche Einnahmen an Charities wie die Suchtproblemanlaufstelle Forward Trust, die Obdachlosenhilfe Crisis und die Tierschutzorganisation Hunt Saboteurs weiterleitet.
Big up!
Mix-o-Mania
First things first und Ehre wem Ehre und so weiter, weil… Mal eben so 7½ h, ja, richtig gelesen, sieben-ein-halb Stunden (!!!) Zeit?
So lang ist nämlich Tim Reaper's Marathon-Mix für’s "RA.1000" Archiv vom Resident Advisor!
Grime, Dubstep, Techno, natürlich seine Hauptdisziplin Jungle und sogar düsterer Halfstep-Drum'n'Bass wie direkt aus meiner eigenen Plattensammlung. Wooow!
Irgendwie komplett irre in diesem Marathonformat, aber auch einfach nur geil:
Mit ihrem akltuellen Langspieldebüt "Beside Myself" (s.o.) ist DJ Haram ja in einigen Kreisen sowas wie die Künstlerin der Stunde, sogar der Spiegel konnte sich eine Analyse vor dem Hintergrund aktuellen Weltgeschehens nicht verkneifen.
Natürlich gehören auch Mixe und DJ-Sets zur Feier der Veröffentlichung. Wir hätten audivisuell einen fast zweistündigen Special inkl. MPC-Einsatz beim New Yorker Lot Radio und ein cooles Mix für's Mixmag :
Von der umtriebigen US-Junglistin Mizeyesis, deren Mixe eigentlich immer bocken, hätten wir auch mal wieder ein mit in Bewegtbildern eingefangenes DJ-Set:
Noch mehr Party? Okay: Ganz spaßig war der Mix von der in Berlin ansässigen Soyklō bei Rinse France, bei dem es u.a. auch Jungle-Remixe von Pop-/ Hip-Hop-Songs oder Dubstep-Champ Mala zu hören gab:
Noch mehr Party-Vibes: Leider schnappe ich es nur noch selten auf, wenn bei HÖR mal was cooles passierte, aber Kudos an Harriet Jaxxon dafür, dass sie ein paar Drum’n’Bass-Flavors zwischen die Kacheln brachte:
Dass legendary DJ Storm beim belgischen Kiosk Radio war ist dann auf jeden Fall auch mal eine Teilung wert.
Und wo wir schon mal da sind, kann man eine "The Amen break series" betitelte Reihe (Petit Problème) unmöglich ignorieren, außerdem gab's 'ne verschwommene Dub-Session von Son du Maquis & Elisethere:
Am etwas anderen Ende des Spektrums war Ars Data's "Ableton DJ Set with a bit of Improv Amen Mashup" auch nicht ganz uncool:
Um Industrial-Drum'n'Bass-Unikat EndUser war es länger etwas ruhiger gewesen, was persönliche/ familiäre Gründe/ Probleme hatte, die teilweise auch öffentlich sind.
Anfang kommenden Jahres soll es allerdings ein neues Langspielalbum geben und ein halbstündiges Mix mit Material davon gibt’s jetzt schon zu hören:
Und bevor man bei Ohm Resistance in Kürze mal wieder zu den Drum'n'Bass-Wurzeln des Labels zurückkehren möchte hat Betreiber Kurt alias Submerged passend zu seiner aktuellen EP (s.o.) auch noch ein digitales Mixtape von 100 Minuten zusammengedreht, das mehr unter dem Motto von Midtempo-Industrial-Kaputtheiten steht.
Mit dabei u.a. das frühere Label-Zugpferd Scorn (Mick fuckin' Harris!), die Supergroup The Blood of Heroes (u.a. Justin Broadrick!), Gator Bait Ten (mit Ted Parsons of Swans & Prong & auch Godflesh-/ Jesu-/ Killing Joke-Livedrummer Fame!), der völlig vom Erdboden verschwundene Hart-DnB-Krachmacher Paragon und ein schräger Remix der Dortmunder Doom-Krach-Instrumentalisten ORT!
Und dass er als Rausschmeißer dann auch noch die fast vergessene 70-BPM-Urversion seines Signature-Tunes "Servant" rausgekramt hat ist dann obendrauf auch noch interessant.
Es ist zwar nicht so, dass Homemade Weapons
in letzter Zeit gar nichts gemacht hätte (s.o.), aber es gab wohl duchaus
schon mal Zeiten, in denen ich sein Treiben irgendwie prominenter
mitbekommen hätte. Kann aber auch primär an mir selbst liegen und ich
laber gerade totalen Scheiß.
Sein "Fireworks" Mix enthält neben eigenen Arbeiten auch aktuelle Tracks von Kollegen wie 88 Katanas, Alley Cat, Artilect,Gremlinz, Loxy & Resound, Rainforest, RDG, Voidloss usw:
15 Jahre Machinist Music werden von John Rolodex mit einer digitalen Compilation und einer 12" Veröffentlichung gefeiert, und dazu gibt's dann obendrauf auch noch ein Mixtape mit zwei Seiten:
Im Hause Samurai Music scheint die primäre Marschrichtung derweil ja zu sein, dass man regelrecht als weiteren Gegenentwurf zur restlichen Drum'n'Bass-Szene immer mehr zu minimalistischen Ambient-/ Dub-Techno-Crossovern, atmosphärischsten Tribal-Halftimern und den gerne zitierten Einflüssen aus der Autonomic-Schule neigt, die einen eher in paralleluniverselle Klangsphären mitnehmen anstatt smashende Drops mit junglistischer Roughness in den Vordergrund stellen zu müssen.
Beim zweistündigen b2b von Label-Boss Presha und dem neuen Signing Aerae wurde das letztens ziemlich deutlich: Typischere Breaks-Sounds blitzen wenn, dann eher als Akzente durch und das Ganze zieht erst in der letzten halben Stunde zu etwas flotteren Tunes und ein paar sägenden Sounds an, bleibt der vorgelegten Richtung aber von vorne bis hinten treu.
Ähnliches gilt auch für den dartunter ebenfalls geteilten Samurai Music Podcast mit Vardae, der dann allerdins im letzten Viertel doch noch junglistischer anzieht.
Und dann auch noch mal tiefer abtauchen kann man in den von Sciama.
Dann hätten wir für wiederum andere Marschrichtungen der DnB.Szene als nächstes einen Party-Mitschnitt von den "Neurofunk-Erfindern" Ed Rush & Optical, die mir dann ja heutzutage eigentlich schon wieder etwas zu sehr in den modernsten Zeitgeist dieser Subsparte abdriften, aber eben doch auch die Originale sind, von denen ich mir dann gelegentlich doch gerne mal wieder was gebe.
Wo wir bei mächtig abliefernden Altherrenhelden sind, muss dann jetzt auch noch mal der Name Underworld falllen, denn die Boiler Room Performance der beiden Herren, die sich altersmäßig jeweils langsam schon der 7 vorne nähern, wurde in einigen Kreisen mit einiger Begeisterung aufgenommen. Moaner, Moaner, Moaner!
Wie gut der Algorithmus einen so kennt ist ja immer wieder mal beängstigend, denn von allen Planet Wax Streams, die so liefen und laufen, wurde mir dann der von Raiden auf die Startseite gespült. Raiden hatte länger nicht mehr als Raiden Drum'n'Bass, sondern u.a. auch unter "Kamikaze Space Programme" andere Sachen Richtung IDM u.ä. gemacht, nun jüngst aber seinen Raiden-Alias auch mal wieder reaktiviert.
Sein zweistündiges Set folgte auf eines von Etch, welches an dieser Stelle dann auch mal wieder geteilt sein.
Und weil die etwas weiter drüber schon erwähnte Alley Cat auch mal wieder im Londoner Plattenladen auflegte, sei das hier dann auch hinzugefügt.
Letztes mal noch erwähnt, ist "re:lax" von Re:ni und Laksa inzwischen vom NTS Radio nach Rinse.fm umgezogen.
Die Liste an vor allem Dub- und/ oder Jungle-/ Drum'n'Bass-lastigen Podcasts/ Radiosendungen/ Streams, die sich meiner Meinuing nach grundsätzlich zu verfolgen lohnen, ist inzwischen ja eigentlich eh schon so lang, dass man das nicht wirklich alles jeden Monat wieder zu hören schafft, allerdings ist gerade re:lax mit einem freien Ansatz durch's "Bass-Spektrum" (dubbiges, technoides, experimentelleres, junglistisches quer durch den randnischigerem Lowend-Clubgarten) ein interessantes Format für Horizonterweiterungen.
Im Juli z.B. auch mit abgefahrener Tribal-Musik, deren ID ich unbedingt noch wissen muss...
Einen Mitschnitt von Introspekt's, die Grenzen zwischen (Proto-)Dubstep, UK-Garage und sonstiger Dance-Music verschwimmen lassendem Fabric-Set hätten wir auch noch.
Dass sie dann auch noch bei Mary Anne Hobbs' "The 6 Mix" am Start war, auch darauf kann man mal hinweisen.
Ihr aktuelles Album läuft ja jedenfalls tatsächlich nach wie vor durchaus mal (auch „gemixt“) bei mir...
Wie im Albenrview-Teil angekündigt gibt es von Trailcam, dem ganz neuen Projekt von t.a.f.k.a. E-Saggila, gleich drei Mixe.
Eine fast dreistündige Session aus dem Berliner Tresor, ein ebenfalls längerer, weirder Tiefenrausch via Rinse France, und dann sogar noch eines mit den entsprechenden Bewegtbildern von Center Booth:
Wie weiter oben ebenfalls schon erwähnt hätten wird dann anlässlich des neuen Adrian Sherwood Albums auch noch 1.) ein eineinhalbstündiges Mix via Bleep, das seine On-U Sound Label-Crew zusammengestellt hat und 2.) eines vom Meister selbst, welches uns der Resident Advisor präsentierte:
Etwa auch mit dem wieder hervorholen eines zehn Jahre alten Mixtapes in der Juli-Ausgabe, und dass August-Gast Adila dann bei ihrem Mix u.a. auch Sisters of Mercy und Grace Jones spielte, das spricht für die sympathische Artenvielfalt, die in diesem Kontext möglich ist:
Was war sonst noch so? Was that your celebrated summer?
Dass es Post-Corona diesen Sommer schon das vierte Jahr in Folge eine (immer wieder mal andere, und dieses Jahr nicht nur eine) Daytime-/ Outdoor-Dub/step- & Jungle-/ Drum'n'Bass-Sause in der Stadt gab, das ist ja dann mal irgendwie eine schöne Tradition, die so ähnlich gerne weitergehen darf.
Und dann in dem Zeitrahmen auch irgendwie relativ altersgerecht.
Apropos altersgerecht: Dass ein Wochenende drauf Steve von Till dann in Sitzkonzert-Rahmen einlud - oben im Review-Teil schon mal erwähnt - das war dann am anderen Ende meines Musiknerd-Mikrokosmos-Spektrums das andere Sommer-Highlight.
Durchaus aus dem Zusammenhang, "was im Sommer sonst noch so war" heraus hätte es mir jetzt eigentlich auch fast noch in den Fingern gejuckt, diverses zu Nerd-Themen wie Kinobesuche im Kurzurlaub und darüber runter zu hacken, warum James Gunn ein guter Typ ist, der es gerafft hat und wie unfassbar absurd dieser Kulturkrieg ist, den "Snyderverse"-Anhänger im Netz veranstalten, aber wir wollen hier jetzt mal nicht komplett des Rahmen des Musik-Blogs sprengen. Apropos Musik fand ich übrigens den Filmscore mit sowohl John Williams Zitat als auch 'nem Motiv in so 'ner Art von Trip-Hop-Stil ganz gut!
Meine aktuelle Zuneigung zu eher elektronischer Musik in verschiedene Richtungen wurde dann auch noch mal gefestigt, als ich eine Performance von 16Pad Noise Terrorist sah.
Klar, dass er aktuell seine (Neuro-)Drum'n'Bass-Neigungen noch etwas hervorholte (auch wenn böse Zungen behaupteten, dass die Samplepack-Quelle dabei offensichtlich war), das hat durchaus eine nicht geringe Rolle dabei gespielt, mich generell erstmal dahin zu treiben, aber sein mit viel Enthusiasmus an irgendwelchem Modular-Equipment dargebotener Alarm zwischen sowas wie Breakcore und sowas wie Industrial-Techno hat live mit guter Anlage und stimmigen Visuals echt sehr, sehr, sehr viel Bock gemacht.
Und mich außerdem auch direkt schon wieder mehr inspiriert, als gut für mich selbst ist, denn am Folgetag wurde das eh schon angespannte Verhältnis zu meiner leidgeplagten Nachbarin dadurch auf die nächste Probe gestellt, dass ich eine länger nicht mehr benutzte Sample-/ Synth-Groovebox hervorholen musste, um mal ein bisschen mit überdrehten Breakbeats und noisigen Bass-Sounds rumzuspielen... Und nein, sorry, aber das geht wirklich nicht mit Kopfhörern.
Noch was? Aktuell beobachte ich eine Zunahme relativ niedrigschwelliger Mitmachveranstaltungen in der Gegend. Open-Decks-Nachmittage unter dem Motto "bring Deine Musik mit und leg vorm bebenden Soundsystemturm selbst 'ne Runde auf" oder auch Experimentalelektroniker-Events, zu denen man irgendein eigenes Equipment beihaben, direkt einstöpseln und mitjammen kann.
Da es inzwischen ja irgendwie fast eh nur noch die Nerds, Weirdos, selbst Kreativen und Macher sind, die sich an Kunst und Kultur in den Nischen interessiert vor die Tür schleppen, ist das vielleicht einfach nur logisch? Ich find's jedenfalls schon in der Sache irgendwie gut.
Last but not least musste ich sehr über das hier schmunzeln:
Denn auf seine unnachahmlich pantomimische, kurzweilig auf den Punkt gebrachte Art und Weise trifft Drumfluencer Maurício Weimar hier einen Nagel auf den Kopf, den ich auch schon länger so empfinde: Dieses kraftsparende Technikgefriemel-Drumming mit überdrehtem Triggersound, wie es im modernen, extremen Metal/-core so Gang und Gäbe geworden ist, und dazu dann auch noch diese davon getragene, völlig karikaturenhafte Musik ist doch wirklich komplett albern und hat nichts, aber auch gar nichts mehr mit wirklich und tatsächlich aggressiver oder irgendwie hochenergetischer Musik zu tun. Sorry, aber nein.
Throwback Corner
Ein bisschen Nostalgie zu Musik im Rückspiegel soll zum Schluss dann noch auch mal erlaubt sein, denn wie schon gesagt: Ich bin halt alt. Und beim Altern neigt man zu sowas.
Es passt nämlich ziemlich gut zum Kreisschluss meiner „Rock und Metal sind irgendwie weitgehend vorbei, I’m a Junglist (massive)“-Launen der letzten Jahre, dass ein Track, der mal am Anfang meiner Faszination für Drum'n'Bass Musik stand, diesen Sommer dreißig Jahre alt wurde:
Photek's Remix von Therapy?'s "Loose"!
So KW38 rum ist dann allerdings etwas seltsames passiert. Obwohl, bzw. vielleicht auch gerade eben weil die aktuelle Dominanz von Musik mit Breakbeats und Bassbetonungen in meinem Leben einen Zenit erreicht hatte, an dem ich Freitagabends noch zwei entsprechende Radiosendungen hintereinander übers Internet hörte und mich schon am nächsten Nachmittag vor einem Soundsystem-Turm wiederfand, aus dem einige DJs der Stadt spontan Stuff von Dub bis Hard-DnB dröhnen ließen, hatte ich kurz danach dann zwischendurch auf einmal für zwei, drei Tage mal keine Lust auf derartiges.
Das ist insofern erwähnenswert, als dass ich über die letzten sieben, acht Jahre bis zu genau diesem Punkt an eigentlich keinem Tag keine Lust auf massiv-junglistisches, düster-techsteppiges o.ä. gehabt hätte, I kid you not.
Ankündigungen zu kommenden Releases von Cathedral und Evoken und der Herbsteinbruch machten dann jedenfalls auf einmal doch mal wieder Bock auf Dooooom.
Und somit landete dann irgendwie außerdem auch mal wieder das folgende in der Revisited-Playlist für die Freunde der schwereren Kost:
Getreu dem Motto „besser spät als nie“ fiel mir der Tage erst ein, dass ich – da zwei Plattenspieler mit DJ-Mixer im Haus – ja tatsächlich super Neurosis‘ "Times of Grace" mit Tribes of Neurot’s "Grace" zusammen hören kann, also habe ich mir die 2015er Vinyl-Reissue von letzterer besorgt und mit der von erster nebeneinander auf die Direktantrieb-Teller gelegt, anstatt nur die zusammengemixte Digital-Version zu hören, die ich seit hundert Jahren auf einer Festplatte habe.
War interessant, ohne Scheiß.